Wohnhaus "Villa Margot" Baudenkmal
Denkmalnummer 05334002 A 03660
Adresse Lütticher Straße 101
Koordinaten 293446 5627755
Eintragung 05.08.2021
Denkmalart Baudenkmal
Kataster Flurstück: Gem.: Aachen Flur: 75 Flurst.: 726
Merkmale Wohnhaus "Villa Margot", errichtet 1902/03, Architekt E. Thyssen, Bauherr Fabrikant E. J. Beduwe; zweigeschossige Villa mit repräsentativer Klinker-Stuck-Fassade in Formen des Historismus mit Jugendstil-Elementen, Gliederung in zwei zu sechs Fensterachsen; Eckbetonung durch erhöhten zweigeschossigen Erker mit spitzer Dachhaube, Risalite mit Schweifgiebeln über dem Hauseingang an der Längsseite sowie an der Straßenseite, letzterer hervorgehoben mit Pilastergliederung und Korbbogen- sowie Kreuzstockfenster sowie seitlichen Fenstern, die übrigen Fensterformen des Gebäudes als Segmentbogenfenster oder mit geradem Sturz ausgeführt; bauzeitliche Doppelflügel-Haustüre mit Oberlicht, Applikationen und Gitter in Jugenstilformen. Zum Garten Terrasse und Außentreppen mit Metallgeländer. In der Ecke massiv ausgeführter, eingeschossiger Wintergarten mit Flachdach; Obergeschoss hier zurückversetzt. Mansardgeschoss mit umlaufend kleinen Gauben mit Vorhangbogenfenstern, Dachflächen mit kleinteiliger Deckung mit roten sog. Villenziegeln, Bereich zur Gartenseite durch jüngere Ziegel ersetzt, abschließend flaches sog. Berliner Dach. Zur Gartenseite zwei prägnante Kaminköpfe. Holzfenster in allen Geschossen mit Beschlägen weitestgehend erhalten. Innen: Nahezu vollständig erhaltene Konstruktion und Raumstruktur sowie wandfeste Ausstattung. Im Kellergeschoss ehem. Hauswirtschaftsräume mit zusätzlichem Eingang, Terrazzoboden, große Küche mit umlaufendem Fliesenspiegel und Speisenaufzug, Betondecke; EG mit großen Räumen (ehem. Speise-, Billard- und Wohnzimmer), Eingangsbereich mit Stuckdekor an Wänden und Decke, Marmorboden und -stufen, dreifach gewendelte Holztreppe mit Geländer und verziertem Anfänger, Treppenunterseiten stuckiert; repräsentative Räume EG mit Stuckdecken und Dielen-, Fischgrätparkett oder Zementfliesenboden, Zwischenzimmer mit Marmorkamin und Terrazzoboden mit farbigen Mosaikeinlagen sowie großformatigen verglasten Holz- und Metallsprossentüren. Ehem. Wohnetage 1.OG mit Stuckdecken und Dielenböden, Neorokoko-Spiegel mit Stuckrahmung auf dem Treppenabsatz; schlichtere Zimmer im Mansardgeschoss mit Dielenboden und Hohlkehlendecken; schmaler Lichtschacht. Im gesamten Gebäude die Rahmenfüllungstüren, z.T. als große Doppelflügeltüren mit Bogen und Verglasung, meist mit Beschlägen erhalten. Das Grundstück zur Straße mit hist. Eisenzaun zwischen massiven Pfosten abgetrennt.
Begründung Das Objekt Lütticher Straße 101 in Aachen ist einschließlich seiner wandfesten Ausstattung wie dargestellt ein Baudenkmal im Sinne des § 2 DSchG NRW. Es ist bedeutend für die Geschichte des Menschen und der Städte und Siedlungen. An seiner Erhaltung und Nutzung besteht aus wissenschaftlichen, hier insbesondere architekturgeschichtlichen Gründen, ein öffentliches Interesse. Bedeutung für die Geschichte des Menschen: Die 1902/03 errichtete Villa Lütticher Straße 101 ist bedeutend für die Geschichte des Menschen und der Städte und Siedlungen, da Sie einen anschaulichen Eindruck von den damaligen Wohnverhältnissen des gehobenen Bürgertums in einem großzügig und repräsentativ im Stil der Zeit gestalteten Gebäude vermittelt. Die Wahl des Bauplatzes an der Alleeartig ausgebauten Lütticher Straße im damals noch z.T. ländlich geprägten, Aachener Süden zeigt die Ansprüche des Bauherren Egidius Josef Beduwe (1866-1942). Dieser Anspruch spiegelt sich auch in der Bauweise und dekorativen Qualität der Fassaden und Innenausstattung wieder. Die Lütticher Straße als damals wichtige, erst um 1800 ausgebaute Verkehrsachse zwischen Lüttich bzw. Belgien und Aachen mit einem großzügigem Straßenprofil bot sich für eine repräsentative Bebauung einer wohlhabenden Bauherrenschaft an, zumal sich in geringer Entfernung bereits der Aachener Wald mit weiteren Landhäusern der Aachener Oberschicht befand. Um eine möglichst ansprechende Fassadenansicht mit zahlreichen, malerischen Details wie Risalite, Ecktürmchen und umfangreichem Stuckdekor in Szene zu setzen, wurde das Gebäude mit ungewöhnlich längsrechteckigem Grundriss auf der lang gestreckten Parzelle als "unechtes" Eckhaus mit seitlicher, schmaler Freifläche errichtet. Bedeutung für Städte und Siedlungen: Zum Zeitpunkt der Erbauung der Villa um 1903 entstanden weitere Häuser des gehobenen Bürgertums an der Straße, wenig später wurde das Viertel als südliche städtische Erweiterung v.a. mit modernen Miethäusern und großzügigen Doppelhaushälften um die Kirche Heilig Geist verdichtet. Eine gewisse stadtgeschichtliche und regionalgeschichtliche Bedeutung besitzt das Gebäude darüber hinaus auch als besonders gut erhaltenes Wohnhaus des für Aachen wichtigen Fabrikanten und Oberbrandmeisters Egidius Josef Beduwe. Dessen Wirken ist unmittelbar mit der Aachener und Münchener Feuerversicherungsgesellschaft (Vorläuferorganisation der AachenMünchener Versicherung) und der flächendeckenden technischen Ausrüstung und Entwicklung der Feuerwehren im Rheinland in dieser Zeit verbunden. Ferner liegen für Erhalt und Nutzung vor: Wissenschaftliche, hier insbesondere architekturgeschichtliche Gründe: Die v.a. in Formen des Historismus und Jugendstils gehaltenen Fassaden sowie die Innenraumgestaltung stellen ein anschauliches Beispiel für die Ansprüche an eine repräsentative Villa der Zeit um 1900 dar. In dieser Zeit besann man sich auf die Baustile vergangener Epochen, studierte sie und komponierte aus ihnen neue zeitgemäße Fassaden, die oft eine Mischform oder abgewandelte Stilelemente wie hier der Gotik und des Rokoko zeigen. Es galt, aus dem erarbeiteten Formenschatz der Vergangenheit eine moderne Bauaufgabe ansprechend, malerisch und würdevoll zu gestalten. Insbesondere die verschiedenen Fensterformen bilden diesen Stilmix ab, so gibt es gotisch anmutende Kreuzstockfenster und Gauben mit Vorhangbogenfenstern und Stabwerk, in den Hauptgeschossen neobarocke Segmentbogenfenster mit Rechteck- oder Segmentbogensturz, Faschen und Keilstein. Die Fassaden und Dachflächen sind durch zahlreiche unterschiedliche Baudetails, vorspringende Risalite und Fensterachsen, das Ecktürmchen, unterschiedliche Oberflächengestaltungen und Materialien wie Bänderputz und Klinkerflächen sowie eine kleinteilig gedeckte Mansarddachfläche malerisch und in hohem Maße dekorativ und abwechslungsreich gestaltet. Stilistisch freier und von der Entwicklung des Jugendstils beeinflusst ist zudem die teilweise umgesetzte Stuckgestaltung im Detail mit floralen oder dekorativ geschwungenen Elementen an Konsolen, Stuckbändern oder den aufgeputzten Schriftfeldern sowie den Gaffköpfen etc. Das reiche Dekor der Fassadengestaltung setzt sich im Innern mit umfangreichen Stuckarbeiten an Decken und Wänden fort. Der Großteil der Räume des Erd- und ersten Obergeschosses ist mit Stuckdecken, im Mansardgeschoss mit Hohlkehlendecken ausgestattet. Alle Räume weisen historische Böden auf, darunter Dielenböden, Fischgrätparkett im ehem. Speisezimmer und Zementfliesenböden. Der großzügige seitliche betretbare Eingangsbereich mit Treppenhaus ist besonders reich ausgestattet, Stuckdekor findet sich hier an Decken, Treppenunterseiten und Wänden, z.T. als Fortsetzung des bereits an der Fassade vorhandenen Bänderputzes. Der Boden ist hier mit hellem Naturstein bzw. Marmor und einem farblich abgesetzten Rahmen gestaltet. Die dreifach gewendelte Holztreppe mit gedrechselten Geländerstäben und verziertem Anfänger wird um ein großes Treppenauge zu großzügigen Absätzen auf den oberen Etagen empor geführt. Das anschließende, durch eine große verglaste Doppelflügeltür abgetrennte Zwischenzimmer besitzt einen farbigen Terrazzoboden mit Blütenmotiven und einem offene Marmorkamin. Ferner sind die historischen Holzfenster mit Beschlägen sowie nahezu alle Kassettentüren (Einzel-/Doppelflügeltüren) mit profilierten Zargen, Beschlägen, Klinkengarnituren und z.T. großflächigen Verglasungen erhalten. Das weitgehend erhaltene und nachvollziehbare Raumprogramm der Villa ist mit saalartigen Räumen (ehem. Speisezimmer), Wintergarten, einem ehem. Billardzimmer, dem großzügigen Treppenhaus und zahlreichen Wohnräumen standesgemäß. Daneben gehören eine große ehem. Küche und im Souterrain, weitere Hauswirtschaftsräume und u.a. zwei Kammern für Bedienstete im Mansardgeschoss zum üblichen Haushalt der Oberschicht. Von der technischen Ausstattung sind Teile einer Warmluftheizung (Lüftungsgitter und Schächte) sowie ein Speisenaufzug aus der Küche mit zugehörigem Wandschrank zu nennen. Unter dem heutigen Anstrich sind noch umfangreiche Reste einer bauzeitlichen, teils polychromen und figürlichen Wandbemalung zu erwarten. Im Treppenhaus sind zudem noch Teile der mobilen Ausstattung vorhanden. Für den Bau der Villa zeichnete der Aachener Architekt Edmund Thyssen verantwortlich. Thyssen war offenbar insbesondere im Bereich Gewerbebau tätig und am Bau der Aachener Fabriken Arnold & Schüll, Kaffee Croon, und zusammen mit G. Frentzen am Bau Preußische Höhere Fachschule für Textilindustrie am Boxgraben maßgeblich beteiligt. Sein Oeuvre ist noch weitgehend unerforscht, weshalb das Gebäude Lütticher Straße auch als architekturhistorisches Zeugnis seines Schaffens gelten muss. Das Gebäude ist nahezu vollständig erhalten und gibt einen seltenen Eindruck der historischen Architektur und Ausstattung eines großbürgerlichen Wohnhauses mit zahlreichen Elementen der Repräsentation und des Wohnkomforts. Das Gebäude ist aufgrund seines authentischen Erhaltungszustandes eine wichtige Quelle für die Architekturgeschichte und die zeitgenössische Wohnkultur. Die Voraussetzungen des § 2 Denkmalschutzgesetz Nordrhein-Westfalen für die Eintragung in die Liste der geschützten Denkmäler sind daher erfüllt.
Schutzumfang Vollumfänglich, das gesamte Gebäude außen und innen sowie Einfriedung zur Straße - Siehe Lageplan, der Bestandteil der Eintragung ist -
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