Kubatur des Vorderhauses, historische Fassade des rückwärtigen Anbaus; Teile des Kellers, Haupttreppenhaus vom Erd- zum 1.OG und der Leuchter im Haupttreppenhaus in Form des Rokoko sowie die erdgeschossige Durchfahrt als Teile des Gebäudes Theaterstraße Nr. 9
Denkmalnummer 05334002 A 00248
Adresse Theaterstraße 9
Koordinaten 294741 5628518
Eintragung 23.06.1982
Denkmalart Baudenkmal
Kataster Flurstück: Gem.: Aachen Flur: 80 Flurst.: 1827
Merkmale Erbaut 1900 (Architekt E. Linse); 3-geschossig in 6 Achsen; Sandsteinfassade mit neubarocken Schmuckformen und Pilastergliederung; über den beiden Mittelachsen und über den beiden Aussenachsen Balkone, darüber Schweifgiebel; rückseitige Putzfassade. Mansarddach. Rückseitiger angeschlossener Anbau mit neobarocker Putzfassade in 4 Achsen und 4 Geschossen. Innen: KG mit Preuß. Kappen; Tordurchfahrt mit Stichkappengewölbe, Marmorverkleidung und Stuckverzierungen; Neurokoko-Treppenhaus zum 1.OG mit repräsentativer Gestaltung durch Säulen, Marmorverkeidung, gußeisernes Geländer, Stuckdecke mit Leuchter.
Begründung Bedeutung für die Geschichte des Menschen und der Städte und Siedlungen Die Theaterstraße wurde 1825 / 26 zusammen mit dem Theaterplatz nach Plänen des Architekten Johann Peter Cremer als Verbindung und Sichtachse zwischen der Innenstadt mit der Stadt Burtscheid angelegt. Die Straßenachse ist Bestandteil der ersten Stadtplanung, die den mittelalterlichen Stadtgrundriss und den äußeren Mauerring durchbrach. Das starke Bevölkerungswachstum und der Bedarf an Wohnungen für die Mittel- und Oberschicht im Kontext der industriellen Revolution führte dazu, dass im 19. Jh. die bisher wenig bebauten innerstädtischen Garten- bzw. landwirtschaftlichen Flächen durch neue Straßen erschlossen und bebaut wurden. Die neue Theaterstraße, die als Prachtallee eine großzügige Bebauung zuließ, wurde zunächst vor allem mit repräsentativen Wohnhäusern und Stadtpalais wohlhabender Bürger und Industrieller flankiert. Bereits wenige Jahre später drängten auch große Bankhäuser und Geschäftshäuser an die prestigeträchtige Straße. Die Grundstücke boten z.T. die Möglichkeit, neben breiten Häusern auch größere Gärten anzulegen. Bekanntestes Beispiel hierfür war der parkartige Garten des Tuchindustriellen Deusner. Die Straßenanlage und die noch vorhandenen Bauten aus der Mitte des 19. Jh. und Anfang des 20. Jh. vermitteln dem Betrachter auch heute noch in weiten Teilen einen nachvollziehbaren Eindruck der großzügigen, repräsentativen Achse. Die Theaterstraße bot zum einen Platz für prachtvolle Wohn- und Geschäftshäuser, zum anderen diente sie der weiteren städtischen Entwicklung des Bahnhofsviertels und des Frankenberger Viertels als Ausgangspunkt. Das Gebäude Theaterstraße 75 ist, zusammen mit den übrigen historischen Gebäuden an der Theaterstraße, ein wichtiges Zeugnis für die damaligen Wohnverhältnisse der wohlhabenden Bevölkerung sowie der baulichen Entwicklung Aachens und insofern bedeutend für dessen Bau- und Siedlungsgeschichte und für die Geschichte des Menschen. Ferner liegen für Erhalt und Nutzung vor: Künstlerische Gründe Das Gebäude wurden durch den Aachener Architekten Eduard Linse (*1848 / +1902) errichtet. Er studierte an der polytechnischen Schule in Aachen und arbeitete möglicherweise bei den Architekten J. Felten, J. C. Raschdorff oder H. O. Pflaume in Köln. Bis auf wenige Projekte in Köln (Wohnhaus) und Essen (Verwaltungsgebäude für den "Bergbau-Verein Dortmund") baute Linse wohl ausschließlich in Aachen und Burtscheid. Zu seinen Werken zählen insbesondere zahlreiche private Wohn- und Villenbauten in Aachen, darunter die Villa Cassalette (1883-88, heutiges Suermondt-Ludwig-Museum), das Wohnhaus Brüggemann an der Oppenhoffallee (1887), die Villa Erica für den Nadelfabrikanten C. Seyler (1996-97), das Stadtpalais Charlier (1892). Zu seinen bekannteren Bauten zählen außerdem die Augenheilanstalt an der Stephanstraße (1887-88), das Kurhaus in Burtscheid (1889) und das hier beschriebene Bankhaus Robert Suermondt & Cie. an der Theaterstraße 9 (1900). Außerdem war er an der Errichtung der Kirche St. Jakob (Entwurf H. Wiethase) und an der Fassadenerneuerung an St. Nikolaus beteiligt. Für seine Bauten nutzt er eine fast ausschließlich historistische Formensprache mit teils wiederkehrenden Zierelementen und Neurenaissance-Motiven, z.b. Rustikafassaden. Die Bauten besitzen z.B. eine sehr differenzierte, meist symmetrische Fassadengestaltung mit straffer Organisation von Flächen und Öffnungen sowie plastischer Ausbildung der Gliederungselemente (Bossenwerk, Gesimse, Attika etc.) in der Tradition der italienischen Renaissance oder wie hier des Barock. Seine Architektur weist ihn als Spezialisten und Kenner historischer Bauformen aus, der diese geschickt kombiniert und auftragsbezogen, d.h. in diesem Fall für ein repräsentatives Bank- bzw. Geschäftshaus, anwendet. Eduard Linse ist als Architekt mit einem umfangreichen Bauschaffen für die Entwicklung der historistischen Architektur in Aachen von Bedeutung. Wissenschaftliche Gründe Das Gebäude Theaterstraße 9 gehört zum Typus der in der zweiten Bebauungsphase errichteten Geschäfts- bzw. Bankhäuser. Er verkörpert in seinem äußeren Erscheinungsbild als historistischer, in diesem Falle vor allem neobarock geprägter Bau den repräsentativen Anspruch eines Bankhauses. Im Historismus besann man sich auf die Stile vergangener Epochen und kombinierte sie neu, wobei zumeist eine Spielart dominierte, wie hier der Neobarock. Die Lage an der mit zahlreichen Palais-artigen Bürger- und großen Geschäftshäusern bebauten Theaterstraße erforderte eine Steigerung der architektonischen Gestaltung und Kubatur. Diese konnte durch eine symmetrische Gliederung, reiches Ornament und plastische Zierelemente, der Materialität des Natursteins und nicht zuletzt durch die enorme Kubatur des Gebäudes erreicht werden, welche ursprünglich noch durch turmartigen Dachaufbauten gesteigert wurde. Für einen erhöhten Anspruch des Bankhauses spricht auch die vollständige Gestaltung der rückseitigen Fassaden, die sich damit von den üblicherweise schlichten, backsteinsichtigen Rückseiten abhob. Zusammen mit der noch in Teilen erhaltenen Gestaltung der Innenräume, d.h. der Tordurchfahrt und insbesondere des kostspielig und prachtvoll gestalteten Treppenhauses, werden Parallelen zu barocken Stadtpalais und Adelshäusern erkennbar, deren Tradition hier aufgegriffen wird. Städtebauliche Gründe Das Gebäude ist aufgrund seiner prächtigen, sechsachsigen Sandsteinfassade mit zwei Eingängen im Straßenraum als großzügiges Geschäftshaus städtebaulich prägnant. Speziell auf der Nordostseite der Theaterstraße haben sich mehrere repräsentative Häuser des 19. und frühen 20. Jh. erhalten. Dabei handelt es sich zum großen Teil um Häuser mit klassizistisch oder historistisch gestalteten Fassaden, z.T. mit Tordurchfahrt. Das Haus Theaterstraße 9 ist in diesem Kontext durch seine präsente Kubatur und reich geschmückte Fassade ein unverzichtbarer Bestandteil der historischen Bebauung und Bedeutung der Theaterstraße als gründerzeitliche Prachtstraße. Die erhaltenen Bauten geben trotz der vor allem durch Kriegsschäden bedingten, modern geschlossenen Baulücken noch einen Eindruck des ursprünglichen Charakters der Theaterstraße mit Häusern wohlhabender Bürger und später vor allem Bank- und Geschäftshäusern. Die historischen Gebäude an der Theaterstraße stellen somit einen wichtigen und unverzichtbaren Bestandteil der historischen Bebauung und städtebaulichen Entwicklung dar.
Schutzumfang Siehe Lageplan, der Bestandteil der Eintragung ist.
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