Merkmale | Erbaut um 1890 (vor 1891); viergeschossig in 4 Achsen, Neurenaissance-Putzfassade; Erdgeschoss verändert (Ladeneinbau und Rückbau); rückseitige Fassade backsteinsichtig, Fenster mit Stichbögen und Werkstein-Sohlbank. Satteldach. Dreigeschossiger Anbau in zwei Achsen, Flachdach. Innen: weitgehend erhaltene Raumstruktur und Kontruktion, Keller mit Kappen auf Gurtbögen und ehem. Backstube, in den Obergeschossen Stuckdecken, rückseitige Räume abgehangen, zweiläufige Holztreppe mit Geländer, Treppenunterseiten mit Stuck, wenige historische Türen zum Treppenhaus.
- Siehe Gutachten vom 04.02.2016 - |
Begründung | Das Gebäude hat Bedeutung für Städte und Siedlungen. Für Erhalt und Nutzung liegen wissenschaftliche, hier architekturhistorische, sowie städtebauliche Gründe vor.
Bedeutung für Städte und Siedlungen:
Während große Teile des historischen Siedlungskernes von Burtscheid durch die Zerstörungen des 2. Weltkriegs verändert wurden, hat sich hier an der Altdorfstraße ein vielschichtiges Bild mit Gebäuden des 18. bis frühen 20. Jh. weitgehend erhalten. Die Altdorfstraße zählt, wie der Name vermuten lässt, zu den mittelalterlichen Siedlungskernen der ehemals eigenständigen Stadt Burtscheid. Die bestehenden Gebäude sind entsprechend dem zeitgenössischen Geschmack und den zur verfügung stehenden Mitteln unterschiedlich gestaltet. Sie verweisen somit aufgrund ihrer Größe, Anlage und Aus-prägung auf die Bedeutung und wirtschaftlichen Verhältnisse der ehemaligen Bewohner. Das Gebäude Altdorfstraße 27 gehört zu einer Reihe von Wohngebäuden, die vor oder um 1900 an der Altdorfstraße errichtet wurden. In dieser Zeit florierte die Wirtschaft und dem Wachstum von Bevölkerung und bürgerlichem Wohlstand wurde mit Stadterweiterungen (Frankenberger Viertel) und Verdichtung der innerstädtischen Freiräume begegnet. So wurden auch an der bis dahin nur teilweise bebauten Altdorfstraße neue Gebäude errichtet und z.B. mit der Ende des 19. Jh. projektierten Gregorstraße neue Straßenzüge angelegt. Die Fassade des Gebäudes Altdorfstr. 27 zeigt, trotz Modernisierungen, die typische Gestalt eines inner-städtischen Wohnhauses am Übergang vom Spätklassizismus zum Historismus. Wie an der Dekoration der Fassade i.d.R. nachvollziehbar, beherbergten die Hauptgeschosse des Vorderhauses zumeist die Wohnräume der Familie oder der wohlhabenderen Mieter. In den obersten Geschossen und im (hier später errichteten) Anbau waren dagegen häufig klein(st)e Mietwohnungen / Räume für Personal unterge-bracht, im Anbau auch gerne Werkstätten. Die Unterscheidung zwischen gestalteter, straßenseitiger Putzfassade und backsteinsichtiger, schlichter Hoffassade ist dabei charakteristisch für die bürgerlichen Wohnbauten dieser Zeit.
Ferner liegen für Erhalt und Nutzung vor:
Wissenschaftliche, insbesondere architekturhistorisch Gründe:
Die überwiegend in Neorenaissanceformen gehaltene Straßenfassade stellt ein anschauliches Beispiel für eine Fassadengestaltung des Historismus dar. In dieser Zeit besann man sich auf die Baustile vergangener Epochen, studierte sie und komponierte aus ihnen neue zeitgemäße Fassaden, die oft eine Mischform aus verschiedenen Stilelementen zeigen.
Im Innern geben die zum Teil erhaltene Raumstruktur und wandfeste Ausstattung des Miethauses Auskunft über die Wohnverhältnisse und den zeitgenössischen Geschmack. Dazu gehören v.a. die zweiläufige Holztreppe mit Geländer, stuckierten Treppenunterseiten und Treppenkasten. Hinzu kommen Stuck- und Hohlkehlendecken in den Wohn- und ehemaligen Geschäftsräumen sowie noch zum Teil erhaltene Türen zum Treppenhaus. Auch die noch erhaltenen Toiletten auf den Treppenabsätzen zwischen Vorderhaus und Anbau spiegeln die Wohnsituation um 1900 wieder. Besonders ist die Anlage des Kellers und der noch nachvollziehbar erhaltenen Konstruktion und seine Nutzung als Backstube. Dazu gehören neben dem Ofen die funktional mit Fliesen ausgestatteten Räumlichkeiten und der 1930 eingerichete Raum unter dem Hof mit Fensterband. Die weit gespannten Backsteinkappen ruhen auf Gurtbögen. Das Gebäude dient in seiner Gesamtheit als Quelle für die Erforschung von Architekturentwicklung und Wohnverhältnissen am Ende des 19. Jh., weshalb Erhalt und Nutzung im öffentlichen Interesse liegen.
Städtebauliche Gründe:
Das Gebäude ist ein wichtiger Bestandteil des noch in großen Teilen erhaltenen und nachvollziehbaren historischen Charakters der Altdorfstraße. Einige der benachbarten Gebäude stehen ebenfalls unter Denkmalschutz (Nr. 23, 24, 26, 28, 30, 35) und bilden innerhalb des Straßenzuges eine fast geschlossene Baugruppe des 18. bis frühen 20. Jh. mit individuellen Fassaden im jeweiligen Geschmack der Zeit. Insgesamt ist die Altdorfstraße in der Vielfalt der hier erhaltenen Gebäudekubaturen und Fassadenausprägungen des 18.-20. Jh. städtebaulich prägnant.
Die Voraussetzungen des § 2 Denkmalschutzgesetz Nordrhein-Westfalen für die Einstufung als Bau-denkmal sind daher erfüllt. |