Wohnhaus
Denkmalnummer 05334002 A 01041
Adresse Bismarckstraße 73
Koordinaten 295788 5628104
Eintragung 22.02.1983
Denkmalart Baudenkmal
Kataster Flurstück: Gem.: Burtscheid Flur: 1 Flurst.: 2480
Merkmale Erbaut 1888, Bauherr und Architekt: Nicolaus G. Konertz. Konzipiert zusammen mit dem dazu spiegelsymmetrischen Haus Nr. 71. Dreigeschossiger Ziegelbau von zwei Achsen auf Kellersockel unter Flachdach. Rechte Achse breiter und einen flachen Risalit mit einem Erker im 1. Obergeschoss unter Balkon ausbildend. Eingang in der rechten Achse. Eingang rundbogig, Fenster rechteckig. Fenster der rechten Achse breiter, das im 1. Obergeschoss dreibahniges Kreuzstockfenster mit breiter Mittelbahn. Drempelfenster halbkreisförmig. Putzgliederung, das Erdgeschoss und der Erker vollständig verputzt. Am Sockel am Erdgeschoss im Wechsel rustizierte Putzquaderung. Geschossteilende profilierte Gesimse und im 1. und 2. Obergeschoss schmalere Brüstungsgesimse sowie auf Sturzhöhe im 2. Obergeschoss horizontales Band. Ausladendes Kranzgesims mit Zahnschnitt und Fries aus flachen Volutenkonsolen, zusammen mit dem Gesims darunter wie ein Architrav wirkend. Alle Öffnungen mit profilierten Rahmungen, im 2. Obergeschoss außerdem architravartiger hoher Sturz mit abschließendem Gesims. Der Erker ehemals wesentlich reicher dekoriert. Moderne Eingangstür. Bauzeitlich die Eisengitter der Kellerfenster. Fenster erneuert, mit Ausnahme eines rückwärtigen Treppenhausfensters. Rückseitig ziegelsichtig und mit segmentbogigen Fenstern. An der Westseite ein dreigeschossiger Rückflügel unter Flachdach, deutlich niedriger als das Vorderhaus. Raumanordnung und Erschließung mit kleineren Veränderungen erhalten. Korridorartiges Vestibül mit mehreren Stufen, hinter einem Rundbogen das Treppenhaus, das östliche Drittel des Hauses einnehmend. Treppe zweiläufig, von den Wendepodesten aus das Rückgebäude zugänglich. An jedem Wendepodest ferner vorn ein Treppenhausfenster und hinten eine Toilette. Im Erdgeschoss zwei miteinander verbundene Zimmer hintereinander, in den Obergeschossen zusätzlich ein drittes über dem Vestibül. Die Räume des Rückflügels als Durchgangszimmer hintereinander angeordnet. Teile der wandfesten Ausstattung vorhanden: im Vestibül und im Treppenhaus Fußboden aus Marmorplatten mit dunklen Inkrustationen, Holztreppe. Die übrigen Fußböden im Haus erneuert. Im Erdgeschoss an den Decken Randprofile. Überall im Haus die Innentüren mit Beschlägen und Zargen erhalten. Im Keller festes Wandregal in Backstein. Hinter dem Haus der Garten.
Begründung Das Wohnhaus Bismarckstraße 73 erfüllt im definierten inhaltlichen und räumlichen Umfang mit den oben beschriebenen wesentlichen Merkmalen die Voraussetzungen eines Baudenkmals im Sinne von § 2 Abs. 1-2 des Nordrhein-westfälischen Denkmalschutzgesetzes (DSchG NRW) in der Fassung vom 13.04.2022. Insbesondere ist das Wohnhaus Bismarckstraße 73 bedeutend für die Geschichte des Menschen und für Städte und Siedlungen. Ferner besteht an seiner Erhaltung und Nutzung wegen seiner wissenschaftlichen und städtebaulichen Bedeutung ein Interesse der Allgemeinheit. Bedeutung für die Geschichte des Menschen: Das Wohnhaus Bismarckstraße 73 ist ein beispielhaftes gehobenes Einfamilienhaus aus dem späten 19. Jh., das in seiner Struktur und mit vielen aussagekräftigen Details erhalten ist und daher ein wichtiges Zeugnis für die Wohnverhältnisse in seiner Erbauungszeit darstellt. Die Gestaltung des Äußeren, weniger des Inneren, hat dabei aufgrund des dekorativen Aufwands repräsentativen Charakter. Das Haus ist nur 6,55 m breit, stellt aber bei einer Tiefe von 19 m (inklusive Rückgebäude) genügend Platz zur Verfügung. Insgesamt gehört es in den Dimensionen und in der Gestaltung zwar nicht zu den allergrößten oder allerprächtigsten des Frankenberger Viertels, ist aber dennoch ein Zeugnis für weit überdurchschnittliche Wohnverhältnisse. Das Haus ist auch ein Zeugnis für die eigenständige unternehmerische Tätigkeit der Bauunter¬nehmungen, denn es wurde nicht vom späteren Eigentümer errichtet, sondern vom Architekten und Bauunternehmer in eigenem Auftrag, und erst später verkauft. Die Vorgehensweise, ein gerade fertiggestelltes Haus zu verkaufen, ist in deutschen Städten in der 2. Hälfte des 19. Jhs. sehr verbreitet, und sie wirft ein bezeichnendes Licht auf die Bautätigkeit in den schnell wach¬senden Großstädten, in denen in kürzester Zeit enorm viel Wohnraum entstehen musste. Grundstücke und ihre Bebau¬ung wurden somit zu lohnenden Spekulationsobjekten. Das Haus wurde durch die Bauunternehmung des Architekten Nicolaus G. Konertz erbaut, 1889 gehörte es nach Aussage des Aachener Adressbuchs aber bereits Amalie Morrath, die dort mit (ihrer Schwester?) Caroline lebte. 1891 war es dann im Besitz eines gewissen Schlenter, der sich leider nicht genau identifizieren lässt, und an drei Parteien vermietet, einen "Schenkwirth", einen "Commis" und einen "Weber". 1893 gehörte es dem Versicherungsvertreter Rudolf Leyers und war an den Tuchfabrikanten Höninghaus vermietet. 1895 hatte sich der Besitzer nicht geändert, aber das Haus war nun an die Rentnerin Kirschbaum vermietet, 1897 und 1899 dann an den Kaufmann Hoeninghaus (womöglich identisch mit dem Mieter von 1893). Nach den mehrfachen Eigentümer- und Mieterwechseln am Anfang scheint sich die Situation damit stabilisiert zu haben. Interessant ist, dass das Haus zwischenzeitlich (und heute wiederum) auch als Mehrparteienhaus, meistens aber als Einfamilienhaus genutzt wurde. Bedeutung für Städte und Siedlungen: Das ganz überwiegend auf damaligem Burtscheider Gebiet liegende Frankenberger Viertel ist eins der ersten Stadt¬erweiterungsgebiete von Aachen (nach dem Rehmviertel, vor 1864, und dem Steffensviertel, um 1870). Das relativ ebene, östlich der Altstadt gelegene Gelände bot sich für eine Stadtweiterung an. Ehemals waren die Ländereien ganz überwiegend im Besitz der Burg Frankenberg gewesen und wurden von deren Erben 1872 durch die neugegründete Aktiengesellschaft Frankenberg zum Zweck der Bebauung erworben. Die Aktiengesellschaft stellte selbst einen Bebauungsplan auf und erwarb noch fehlende Grundstücke zu teils hohen Kosten dazu. 1874 waren einige Straßen bereits ausgeführt, die letzten Abschnitte wurden aber erst um 1890 trassiert. Die Bebauung setzte zunächst nur zögerlich ein, und bis 1884 waren im Frankenberger Viertel erst sehr wenige Häuser erbaut. Danach nahm das Tempo zu, aber selbst 1914 blieben vor allem in Randbereichen noch Grundstücke unbebaut. Zwischenzeitlich (1897) war Burtscheid nach Aachen einge¬meindet worden. Der Großteil der heutigen Bausubstanz des Frankenberger Viertels stammt aus der Hauptbauphase zwischen 1874 und 1910, so auch das Haus Bismarckstraße 73 von 1888. Im Zweiten Weltkrieg wurde das Viertel nur in geringem Ausmaß zerstört. Heute ist das Gebiet, dessen historistisch geprägte Straßenzüge und Bebauung weitgehend erhalten sind, das größte zusammenhängende Gründerzeitviertel Aachens und sogar eins der größten im ganzen Rheinland. Im Frankenberger Viertel entstanden repräsentative Stadtpalais als Einfamilienhäuser für Fabrikanten, hohe Beamte oder andere vermögende Personen, wie auch das Haus Bismarckstraße 73, aber auch Mehrparteienhäuser mit großzügigen Mietwohnungen für Beamte und Personen der höheren oder mittleren Einkommensschichten. Eine Unterteilung von Häusern in kleinste Wohneinheiten ist dagegen die Ausnahme gewesen, eher ging der Trend hin zur Schaffung von etagenweise abgeschlossenen Wohnungen. Allen Personenkreisen gemeinsam war der Wunsch nach einer repräsentativen Gestaltung des Äußeren und der Haupträume des Inneren. So kommt es, dass für jedes Haus eine individuell unverwechselbare Außenerscheinung entworfen wurde, bei der eine reiche Dekoration geradezu eine Grundvoraus¬setzung ist. Vielfach wurden die Häuser auch von den Bauunternehmern / Architekten im eigenen Auftrag errichtet und dann verkauft, sodass eine besonders aufwändige Fassade als Verkaufsargument genutzt werden konnte. So kommt es, dass im Frankenberger Viertel - trotz weniger immer wieder¬kehrender, wenn auch teilweise abgewandelter Grundtypen - das gesamte Formenrepertoire des Historismus zu finden ist, was zu einem äußerst reichen baulichen Gesamtbild des Viertels führt. Die rückwärtigen Bereiche der häufig recht tiefen Grundstücke im Blockinnenbereich - auch und gerade zwischen Bismarckstraße und Oppenhoffallee - nehmen außer den rückwär¬tigen Flügeln der Häuser und Gärten nicht selten kleinteilige Betriebsgebäude wie Schuppen und Werkstätten oder im Bereich nördlich der Oppenhoffallee sogar bereits vorher existierende Fabrikanlagen, bei besonders wohlhabenden Eigentümern manchmal auch Remisen oder Kutscherhäuser auf. Insgesamt trägt jedes einzelne erhaltene Haus mitsamt der Innenstruktur und seiner jeweiligen rückwärtigen Bebauung in einmaliger Weise zum Zeugnis- und Schauwert des Frankenberger Viertels in seiner baulichen Gesamtstruktur bei. Ferner liegen für Erhalt und Nutzung vor: Wissenschaftliche, insbesondere architekturhistorische Gründe: Das Haus Bismarckstraße 73 hat einen architekturgeschichtlichen Zeugnis- und Schauwert. Die Straßenfassade des Hauses, die man zusammen mit der des Nachbarhauses Nr. 71 betrachten muss, stellt ein anschauliches Beispiel für eine Fassadengestaltung des Historismus dar. In dieser Zeit besann man sich auf die Baustile vergangener Epochen, studierte sie und komponierte aus ihnen neue zeitgemäße Fassaden, die oft eine Mischform aus verschiedenen Stilelementen zeigen. Es galt, aus dem erarbeiteten Formenschatz der Vergangenheit eine moderne Bauaufgabe ansprechend, malerisch und würdevoll zu gestalten. Mit den verwendeten Stilformen folgt das Haus Bismarckstraße 73 Vorbildern der italienischen Renaissance und des Klassizismus, die unter Betonung der Horizontalen und der Vertikalen zu einem ruhigen, ausgewogenen und in keiner Weise überladenen Gesamtentwurf verbunden worden sind. Die Fassade variiert mit der Zusammenziehung der beiden linken Achsen zu einer breiten den Typus des Dreifensterhauses. Eine Besonderheit ist die streng spiegelsymmetrische Gestaltung zusammen mit Nr. 71, was nach Aussage von Peter Ruhnau in dieser Konsequenz im Frankenberger Viertel eine Einmaligkeit darstellt. Dadurch wird die Wirkung beider für sich eigentlich schmalen Häuser so weit gesteigert, dass beide zusammen - so Ruhnau - "einen nahezu palastartigen Charakter" haben. Das Haus gehört mit dem vom Wendepodest der Treppe aus erschlossenen Rückflügel zu Ruhnaus Grundrisstyp A.1, der mit 101 Vorkommen der traditionellste und gleichzeitig einer der häufigsten Typen des Dreifensterhauses im Frankenberger Viertel ist. Sein Hauptnachteil ist, dass geschossweise abgeschlossene Wohnungen nicht möglich sind. Trotzdem wurde das Haus vorübergehend (wie auch heute) als Mehrparteienhaus, dann aber auch als Einfamilienhaus genutzt. Städtebauliche Gründe: Dem Haus Bismarckstraße 73 kommt eine städtebauliche Bedeutung als einem prägenden Teil der in diesem Abschnitt der Bismarckstraße auf der Nordseite aus der Zeit zwischen 1887 und 1905 weitgehend geschlossen erhaltenen historischen Bebauung zu, die durch die einheitliche, symmetrische Gestaltung gemeinsam mit dem Haus Nr. 71 nochmals deutlich erhöht wird. Dabei hat jedes Haus eine bewusst unterschiedliche und aufwändig dekorierte, repräsen¬tative Gestaltung erhalten, wodurch sich ein äußerst abwechslungsreiches städtebauliches Gesamtbild ergibt. Nicht nur die Detailformen und die Fassadenstruktur, sondern auch die Dimensionen der Fassaden (Breiten und Traufhöhen) variieren, und durch unterschiedliche Dachformen, Zwerchhäuser und Gaupen wird ein lebhaft bewegter oberer Abschluss der Straßenfront erzeugt. Eine nochmals gesteigerte städtebauliche Bedeutung kommt diesem Abschnitt der Bismarckstraße gegenüber der Burg Frankenberg durch die nur einseitige Bebauung zu. Nicht nur verdanken die Häuser dieser Lage eine privilegierte Besonnung, sondern die Fassaden sind vom ganzen Park und den anliegenden Straßen aus sichtbar, von ihnen geht daher eine erhebliche Fernwirkung aus. Die Lage und die Gestaltung machen das Haus Bismarckstraße 73 im Gesamtbild der Bismarckstraße und des Frankenberger Viertels zu einer unverzichtbaren Komponente.
Schutzumfang Wohnhaus mit rückwärtigem Flügel vollumfänglich. - Siehe Lageplan, der Bestandteil der Eintragung ist. -
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