Wohnhaus
Denkmalnummer 05334002 A 01046
Adresse Bismarckstraße 67
Koordinaten 295764 5628100
Eintragung 16.02.1983
Denkmalart Baudenkmal
Kataster Flurstück: Gem.: Burtscheid Flur: 1 Flurst.: 2464
Merkmale Erbaut 1891-1892 durch und für den Architekten Eduard Linse als Einfamilienwohnhaus, kurz darauf erworben von dem Tuchfabrikanten Alfred Julius Hoeber (1853-1928). Dreigeschossiger, dreiachsiger und traufständiger verputzter Ziegelbau auf hohem Kellersockel unter Mansardsatteldach. Straßenfassade mit drei Achsen, die beiden rechten Achsen im Erdgeschoss dicht aneinandergerückt und in den Obergeschossen zusammengezogen. Rundbogiger Eingang in der linken Achse. Erdgeschossfenster rundbogig, im 1. Obergeschoss rechteckig mit verrundeten oberen Ecken, im 2. Obergeschoss wieder rundbogig. Im 1. Obergeschoss rechts an den Kanten verrundeter Erker auf zwei Volutenkonsolen, darüber Balkon. Als Abschluss Zwerchhaus mit geschweiftem Giebel, darin gekuppeltes Biforienfenster. Reiche Putzgliederung: Bis zum 2. Obergeschoss horizontaler Fugenschnitt. Unterschiedlich gestaltete und teils mehrfach verkröpfte profilierte Gesimse, zweimal geschossteilend, einmal schmaler auf Brüstungshöhe der Fenster des 1. Ober¬ge¬schosses, links mehrgliedriges Traufgesims mit Konsolen in der Art eines Architravs. Fenster mit profilierten Rahmungen, überwiegend mit Brüstungsplatten und teilweise mit Bekrönungen oder Ädikulen. Eingang ebenfalls gerahmt, darüber gesprengter Volutengiebel mit Kartusche und Kopfmaske. Eine weitere Kartusche mit Rankenschmuck unter dem Erker. Am Erker und Zwerchgiebel besonders dichter Dekor, am Erker unter anderem Lisenen mit Volutenkonsolen, am Fenster darüber Bekrönung aus Dreiecksgiebel, Voluten, Kartusche und Rankenwerk, dazu ionische Pilaster auf kannelierten Postamenten und Löwenmasken. Am geschweiften Zwerchgiebel Blendoculus. Außerdem ornamentale Eisenelemente: Gitter der Kellerfenster, Gitter des Balkongeländers in barockisierenden Formen. Alle Fenster und Eingangstür modern. Dach an der Schräge der Straßenseite in Schiefer gedeckt, oben flach mit Terrasse. Rückseite ziegelsichtig mit segmentbogigen Fenstern. Rückwärtiger Flügel im westlichen Teil des Grundstücks mit zweieinhalb Geschossen unter Flachdach. Auf Kellerniveau dahinter kleiner abgesenkter Hof. Neben dem Rückflügel ehemals Terrasse, modern überbaut mit Wintergarten. Innenstruktur mit der Raumdisposition erhalten, die Erschließung teilweise geändert. Zweiläufige Treppe im linken Drittel des Hauses. Im Vestibül links Aufgang ins Erdgeschoss und rechts Abgang in den Keller. Hinter einer Zwischentür das eigentliche Treppenhaus mit zweiläufiger Holztreppe. Rückflügel ursprünglich sowohl von den Wendepodesten der Treppe über gerade Treppenläufe als auch von den hinteren Zimmern des Vorderhauses erschlossen, die Treppenläufe heute vermauert. Daneben Essensaufzug. Erhebliche Teile der wandfesten Innenausstattung erhalten: Fußböden im Vestibül und Treppenhaus, Steintreppe mit Geländer im Vestibül, hölzerne Haupttreppe, Türen mit Beschlägen und Zargen, Wand- und Deckenstuck. Hinter dem Haus der Garten.
Begründung Das Wohnhaus Bismarckstraße 67 erfüllt im definierten inhaltlichen und räumlichen Umfang mit den oben beschriebenen wesentlichen Merkmalen die Voraussetzungen eines Baudenkmals im Sinne von § 2 Abs. 1-2 des Nordrhein-westfälischen Denkmalschutzgesetzes (DSchG NRW) in der Fassung vom 13.04.2022. Insbesondere ist das Wohnhaus Bismarckstraße 67 bedeutend für die Geschichte des Menschen und für Städte und Siedlungen. Ferner besteht an seiner Erhaltung und Nutzung wegen seiner wissenschaftlichen und städtebaulichen Bedeutung ein Interesse der Allgemeinheit. Bedeutung für die Geschichte des Menschen Das Wohnhaus Bismarckstraße 67 ist ein beispielhaftes repräsentatives Einfamilienhaus der Oberschicht aus dem späten 19. Jh., das in seiner Struktur und mit vielen aussagekräftigen Details erhalten ist und daher ein wichtiges Zeugnis für gehobene Wohnverhältnisse in seiner Erbauungszeit darstellt. Die Gestaltung des Äußeren und der wichtigsten Räume des Inneren hat aufgrund des dekorativen Aufwands und der handwerklichen und materiellen Qualität der Ausführung repräsentativen Charakter. Ein besonderes Detail des Hauses ist der Essensaufzug, der von der Küche im Keller aus alle Etagen bedienen konnte und zeigt, wie der Betrieb des Hauses (durch eine Dienerschaft) räumlich vom Leben der Eigentümerfamilie möglichst getrennt werden sollte. Im Frankenberger Viertel sind solche Aufzüge einige Male, aber nicht häufig belegt. Das Haus Bismarckstraße 67 ist auch ein Zeugnis für die eigenständige unternehmerische Tätigkeit der Bauunternehmungen, denn es wurde nicht vom späteren Eigentümer errichtet, sondern vom Architekten und Bauunternehmer in eigenem Auftrag, in diesem Falle von Eduard Linse, und erst später verkauft. Es war offenbar auch im höchsten Preissegment üblich, ein Haus "von der Stange" zu kaufen. Allerdings ist nicht bekannt, in welchem Stadium das Haus verkauft wurde, und ob der künftige Käufer womöglich noch auf Details der Ausführung Einfluss nehmen konnte. Die Vorgehensweise, ein gerade fertiggestelltes Haus zu verkaufen, ist in deutschen Städten in der 2. Hälfte des 19. Jhs. sehr verbreitet, und sie wirft ein bezeichnendes Licht auf die Bautätigkeit in den schnell wachsenden Großstädten, in denen in kürzester Zeit enorm viel Wohnraum entstehen musste. Grundstücke und ihre Bebauung wurden somit zu lohnenden Spekulationsobjekten. In den Aachener Adressbüchern ist ab 1893 der Tuchfabrikant Alfred Julius Hoeber (1853-1928) als Eigentümer und Bewohner des Hauses Bismarckstraße 67 verzeichnet. Alfred Hoeber stammte aus Mannheim und arbeitete nach einer Ausbildung als Kaufmann zuerst in der Tuchfabrik von F. & M. Meyer, wo er von 1883-1887 Prokurist und von 1889-1897 Teilhaber war; anschließend gründete er seine eigene Tuchfabrik, die erheblichen Erfolg hatte. Hoeber heiratete 1887 Clara Paradies. Kurz darauf zog das Paar in die Friedrichstraße 95, dort wurden auch die beiden Kinder geboren. Alfred Hoeber bewohnte das Haus in der Bismarckstraße von der Fertigstellung bis zu seinem Tod, die Witwe Clara blieb bis zum Verkauf (1931 oder 1932) dort. Das Grab der Eheleute Hoeber befindet sich auf dem Jüdischen Friedhof Aachen. Das Haus Bismarckstraße 67 hat also einen äußerst wohlhabenden Käufer gefunden. Bedeutung für Städte und Siedlungen: Das ganz überwiegend auf damaligem Burtscheider Gebiet liegende Frankenberger Viertel ist eins der ersten Stadterweiterungsgebiete von Aachen (nach dem Rehmviertel, vor 1864, und dem Steffensviertel, um 1870). Das relativ ebene, östlich der Altstadt gelegene Gelände bot sich für eine Stadtweiterung an. Ehemals waren die Ländereien ganz überwiegend im Besitz der Burg Frankenberg gewesen und wurden von deren Erben 1872 durch die neugegründete Aktiengesellschaft Frankenberg zum Zweck der Bebauung erworben. Die Aktiengesellschaft stellte selbst einen Bebauungs¬plan auf und erwarb noch fehlende Grundstücke zu teils hohen Kosten dazu. 1874 waren einige Straßen bereits ausgeführt, die letzten Abschnitte wurden aber erst um 1890 trassiert. Die Bebauung setzte zunächst nur zögerlich ein, und bis 1884 waren im Frankenberger Viertel erst sehr wenige Häuser erbaut. Danach nahm das Tempo zu, aber selbst 1914 blieben vor allem in Randbereichen noch Grundstücke unbebaut. Zwischenzeitlich (1897) war Burtscheid nach Aachen einge¬meindet worden. Der Großteil der heutigen Bausubstanz des Frankenberger Viertels stammt aus der Hauptbauphase zwischen 1874 und 1910, so auch das Haus Bismarckstraße 67 von 1891-1892. Im Zweiten Weltkrieg wurde das Viertel nur in geringem Ausmaß zerstört. Heute ist das Gebiet, dessen historistisch geprägte Straßenzüge und Bebauung weitgehend erhalten sind, das größte zusammenhängende Gründerzeitviertel Aachens und sogar eins der größten im ganzen Rheinland. Im Frankenberger Viertel entstanden repräsentative Stadtpalais als Einfamilienhäuser für Fabrikanten oder hohe Beamte, wie auch das Haus Bismarckstraße 67, aber auch Mehrparteienhäuser mit großzügigen Mietwohnungen für Beamte und Personen der höheren oder mittleren Einkommensschichten. Eine Unterteilung von Häusern in kleinste Wohneinheiten ist dagegen die Ausnahme gewesen, eher ging der Trend hin zur Schaffung von etagenweise abgeschlossenen Wohnungen. Allen Personenkreisen gemeinsam war der Wunsch nach einer repräsentativen Gestaltung des Äußeren und der Haupträume des Inneren. So kommt es, dass für jedes Haus eine individuell unverwechselbare Außenerscheinung entworfen wurde, bei der eine reiche Dekoration geradezu eine Grundvoraussetzung ist. Vielfach wurden die Häuser auch von den Bauunternehmern / Architekten im eigenen Auftrag errichtet und dann verkauft, wie dies auch bei der Bismarckstraße 67 der Fall war, sodass eine besonders aufwändige Fassade als Verkaufsargument genutzt werden konnte. So kommt es, dass im Frankenberger Viertel - trotz weniger immer wiederkehrender, wenn auch teilweise abgewandelter Grundtypen - das gesamte Formenrepertoire des Historismus zu finden ist, was zu einem äußerst reichen baulichen Gesamtbild des Viertels führt. Die rückwärtigen Bereiche der häufig recht tiefen Grundstücke im Blockinnenbereich - auch und gerade zwischen Bismarckstraße und Oppenhoffallee - nehmen außer den rückwärtigen Flügeln der Häuser und Gärten nicht selten kleinteilige Betriebsgebäude wie Schuppen und Werkstätten oder im Bereich nördlich der Oppenhoffallee sogar bereits vorher existierende Fabrikanlagen, bei besonders wohlhabenden Eigentümern manchmal auch Remisen oder Kutscherhäuser auf. Insgesamt trägt jedes einzelne erhaltene Haus mitsamt der Innenstruktur und seiner jeweiligen rückwärtigen Bebauung in einmaliger Weise zum Zeugnis- und Schauwert des Frankenberger Viertels in seiner baulichen Gesamtstruktur bei. Ferner liegen für Erhalt und Nutzung vor: Wissenschaftliche Gründe: Das Wohnhaus Bismarckstraße 67 hat einen Zeugnis- und Schauwert für die Architekturgeschichte. Die Fassade des Hauses ist eine originelle Variante des Typus Dreifensterhaus, bei der die rechten Achsen in den Obergeschossen zusammengezogen sind. Sie ist von üppigem Putzdekor überzogen, der durch einzelne Eisen-ele¬mente (Gitter) ergänzt wird. Das verwendete Formenrepertoire ist heterogen, überwiegend aber barocken Ursprungs. Die eingesetzten Formelemente variieren geschossweise sowie rechts und links sehr stark, dadurch kann keine einheitliche Gesamtwirkung entstehen, wohl aber ein äußerst repräsentativer Eindruck. Im Einzelnen wirkt die Form¬wahl oft etwas unmotiviert. Die Straßenfassade des Hauses stellt gerade in ihrer Heterogenität ein anschauliches Beispiel für eine Fassadengestaltung des Historismus dar. In dieser Zeit besann man sich auf die Baustile vergangener Epochen, studierte sie und komponierte aus ihnen neue zeitgemäße Fassaden, die oft eine Mischform aus verschiedenen Stilelementen zeigen. Es galt, aus dem erarbeiteten Formenschatz der Vergangenheit eine moderne Bauaufgabe ansprechend, malerisch und würdevoll zu gestalten. Beim Haus Bismarckstraße 67 weicht die Ausführung im Detail recht stark vom Entwurf ab und wurde insgesamt etwas vereinfacht. Innovativ ist auch der Grundriss des Hauses. Nach Peter Ruhnau wurde mit diesem Haus zum ersten Mal im Frankenberger Viertel der Grundrisstyp A.2.c verwirklicht, der in der Folge mit 47 Vorkommen die häufigste Treppenhauslösung überhaupt werden sollte. Dabei ist das Treppenhaus im linken Drittel des Vorderhauses untergebracht. Auf den Kellerabgang rechts und den Aufgang ins Erdgeschoss links im Vestibül folgt nach einer Zwischentür das eigentliche Treppenhaus mit einer zweiläufigen Treppe, die sich dadurch auszeichnet, dass von jedem Podest aus über eine Stichtreppe nach hinten der Rückflügel erschlossen wird. Daneben ist ein Lichtschacht untergebracht. Dadurch war prinzipiell auch eine separate Vermietbarkeit des Rückflügels möglich, der aber außerdem auch vom hinteren Zimmer des Vorderhauses aus zugänglich ist. Im Haus Bismarckstraße 67 sind diese rückwärtigen Treppen heute zugemauert, aber noch erkennbar. Der beschriebene Typus wurde in der Planungsgeschichte des Hauses erst im zweiten Stadium vom 04.04.1891 konsequent erreicht, denn die ersten Pläne vom 10.01.1891 hatten noch im Rückflügel eine zusätzliche durchgehende, gewendelte Nebentreppe vorgesehen. Während der Grundrisstypus auch Mehrfamilienhäuser zulässt, ist die Bismarckstraße 67 jedoch als Einfamilienhaus konzipiert. Bei einer relativ geringen Breite von 7,80 m ermöglicht die große Tiefe (19,50 m) ein umfangreiches Raumprogramm mit einer Wohnfläche von über 300 m². Dadurch ist das Haus, so wiederum Ruhnau, "zu einem sehr großzügigen und beinahe herrschaftlichen Einfamilienhaus geworden". Im Rahmen der Architekturgeschichte Aachens in der 2. Hälfte des 19. Jhs. und der Entwicklung des Dreifensterhauses kommt dem Haus Bismarckstraße 67 somit eine wichtige Stellung zu. Es verwundert nicht, dass mit Eduard Linse ein bekannter Aachener Architekt verantwortlich gezeichnet hat. Städtebauliche Gründe: Dem Haus Bismarckstraße 67 kommt eine städtebauliche Bedeutung als einem prägenden Teil der in diesem Abschnitt der Bismarckstraße auf der Nordseite aus der Zeit zwischen 1887 und 1905 weitgehend geschlossen erhaltenen historischen Bebauung zu. Dabei hat jedes Haus eine bewusst unterschiedliche und aufwändig dekorierte, repräsen¬tative Gestaltung erhalten, wodurch sich ein äußerst abwechslungsreiches städtebauliches Gesamtbild ergibt. Nicht nur die Detailformen und die Fassadenstruktur, sondern auch die Dimensionen der Fassaden (Breiten und Traufhöhen) variieren, und durch unterschiedliche Dachformen, Zwerchhäuser und Gaupen wird ein lebhaft bewegter oberer Abschluss der Straßenfront erzeugt. Eine nochmals gesteigerte städtebauliche Bedeutung kommt diesem Abschnitt der Bismarckstraße gegenüber der Burg Frankenberg durch die nur einseitige Bebauung zu. Nicht nur verdanken die Häuser dieser Lage eine privilegierte Besonnung, sondern die Fassaden sind vom ganzen Park und den anliegenden Straßen aus sichtbar, von ihnen geht daher eine erhebliche Fernwirkung aus. Die Lage und die Gestaltung machen das Haus Bismarckstraße 67 im Gesamtbild der Bismarckstraße und des Frankenberger Viertels zu einer unverzichtbaren Komponente.
Schutzumfang Wohnhaus mit rückwärtigem Flügel vollumfänglich. Der moderne Wintergarten ist nicht Teil des Denkmals. - Siehe Lageplan, der Bestandteil der Eintragung ist. -
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