Merkmale | Bilstermühle, bereits 1646 als Mühlenstandort nachweisbar, Lage an der Inde und Betrieb durch deren Wasser; im Nordwesten der ehem. Reichsabtei Kornelimünster gelegen und damit im Territorium der ehem. Reichsabtei Kornelimünster; davon zeugend Wappenstein der Abtei Kornelimünster; Betrieb der Mühle bis Mitte des 18. Jh. wahrscheinlich als Kupfermühle, Ende des 18. Jh. als Walkmühle; im 19. Jahrhundert überwiegend als Korn- und Walkmühle genutzt, während sich im 20. Jh. die Nutzung als Getreidemühle durchsetzte. Traufständiger, zweigeschossiger Bruchsteinbau unter Satteldach, Blaustein- und Holzbalkengewände, z.T. mit Vergitterung, Backsteingewände im Obergschoss. Charakteristische Ostansicht der Mühle mit eingetieftem Mühlgraben, Bruchstein-Vorbau für Wasserrad mit Pultdach und dem südlich vorgelagertem Mühlenanger. Besondere Merkmale der Bilstermühle sind ihr Stahl-Wasserrad (wohl 1930er Jahre) und ihre überlieferte historisch-technische Ausstattung: Neben dem stählernen Wasserrad ist ein Mahlgang mit allen zugehörigen Elementen wie Kraftübersetzung, Mahlstein, Schüttrichter, Galgen usw. erhalten.
Ferner authentisch und gut überliefert das historische Wasser- und Antriebssystem aus Ober- und Untergraben und technischen Einbauten zur Regulierung des Wasserlaufs mit mittelschlächtigem Mühlradantrieb und Grabenstufe; südlich gelegener Mühlenanger als historische Freifläche. - Siehe LVR-Gutachten vom 03.07.2019, das Bestandteil der Eintragung ist - |
Begründung | Das Objekt ist bedeutend für die Geschichte der Menschen, für Städte und Siedlungen und für die Entwciklung der Arbeits- und Produktionsverhältnisse. Für seine Erhaltung und Nutzung liegen wissenschaftliche und städtebauliche Gründe vor.
Bedeutung für die Geschichte der Menschen:
Die in Rede stehende Mühle mit den oben aufgeführten Bestandteilen ist bedeutend für die Geschichte des Menschen, weil es sich um eine gut und weitgehend authentisch überlieferte Wassermühle aus dem frühen 18. Jahrhundert handelt, die in engem Zusammenhang mit der Abtei Kornelimünster stand und steht. Bezeichnend ist in diesem Kontext, dass vor Ort an der Mühle das Wappen der Abtei bzw. des Abtes Hyazinth Alfons Graf von Suys überliefert ist, der von 1713 bis 1745 der Abtei Kornelimünster vorstand. Wahrscheinlich war die Bilstermühle ähnlich wie die Komericher Mühle in Aachen-Brand eine Pachtmühle der ehemaligen Reichsabtei Kornelimünster. Fest steht, dass sie auf dem Gebiet errichtet wurde, dass der Abtei Kornelimünster unterstand.
Darüber hinaus handelt es sich im vorliegenden Fall um einen traditionsreichen Mühlenstandort, der ab 1646 nachweisbar ist. Er gehört zu den früher zahlreichen Mühlenstandorten an der Inde: An der Inde zwischen Schmithof und Münsterbusch gab es ehemals 21 Wassermühlen, Hammermühlen für die Messingverarbeitung, Nadelschleifmühlen und Spinnereimühlen. Der Wasserreichtum Aachens und der nahe gelegenen Eifel spielte über Jahrhunderte eine zentrale Rolle und wurde vielfältig genutzt. So war die Wasserkraft lange die Hauptenergiequelle schlechthin, zumal mit den Wassermühlen - zum Beispiel an der Inde - diverse Mühlen und Maschinen angetrieben werden konnten. Insofern ist die Bilstermühle bedeutend für die Stadt- und Regionalgeschichte sowie für die politische und kirchliche Geschichte von Aachen und dem Stadtteil Kornelimünster.
Im vorliegenden Fall dokumentiert das anschaulich überlieferte historische Mühlenensemble mit zugehörigem Wassersystem und Mühlenanger eindrucksvoll und exemplarisch die oft zeittypische Entwicklung der Mühlenstandorte in der Region: Symptomatisch ist, dass die Bilstermühle Mitte des 18. Jahrhunderts wahrscheinlich als Kupfermühle und Ende des 18. Jahrhunderts/Anfang des 19. Jahrhunderts mal als Walk-, mal als Getreidemühle diente, bis sich seit Mitte des 19. Jahrhunderts bis weit ins 20. Jahrhundert hinein die ausschließliche Nutzung als Getreidemühle durchsetzte.
Auch die oben erwähnte Komericher Mühle aus dem späten 16. Jahrhundert wurde zunächst zur Kupferverarbeitung genutzt. Ab 1770 wurde die Komericher Mühle zur Spinn- und Walkmühle ausgebaut.
Der Zeugniswert des Mühlengebäudes mit Wasserrad und seiner in situ überlieferten historisch-technischen Ausstattung verdichtet sich noch durch den mit vielen bauzeitlichen Details gut und authentisch überlieferten historischen Kontext bzw. das zugehörige Wassersystem und den Mühlenanger, zumal auf diese Weise der Antrieb durch die Wasserkraft und die betriebstechnischen Abläufe der Mühle und somit das "System Mühle" anschaulich dokumentiert sind.
Schließlich kommt der Bilstermühle in Aachen mittlerweile Seltenheitswert zu, da es im heutigen Aachener Baubestand nur noch wenige Mühlen mit historisch-technischer Ausstattung gibt. Neben der Bilstermühle ist in diesem Kontext die denkmalgeschützte Welsche Mühle in Haaren zu nennen, die 1424 erstmals erwähnt wurde. Sie gilt heute als einzige noch existierende Kornmühle Aachens, die bis 1961 noch betrieben wurde.
Bedeutung für Städte und Siedlungen:
Die in Rede stehende Mühle mit dem zugehörigen Mühlenanger und dem zugehörigen historischen Wassersystem ist bedeutend für Städte und Siedlungen, weil es sich um ein wichtiges und prägendes Element der historischen Kulturlandschaft im Umgriff der Abtei Kornelimünster und in einem engen existentiellen Funktionszusammenhang mit der Abtei und um einen prägnanten historischen Mühlenstandort an der Inde handelt.
Die Mühle steht topografisch an der Stelle, die die Nutzung der Wasserkraft optimal ermöglichte (Anlage des Grabens mit der notwendigen möglichst gleichmäßigen Fließgeschwindigkeit).
Darüber hinaus prägt die Bilstermühle das Stadt- und Landschaftsbild in diesem Bereich sowie seine Gliederung und Silhouette maßgeblich. Besonders deutlich und unverstellt zeigt dies die Ansicht der Mühle von Osten, die eine Zusammenschau der historischen Mühle mit dem Mühlenanger und dem Wassersystem erlaubt. Eindrucksvoll ist bis heute auch die Vielfalt und die Dichte an historischen Zeugnissen in diesem Landschaftsbereich: Die Bilstermühle steht städtebaulich und landschaftlich in engem Zusammenspiel mit dem benachbarten traditionsreichen und landschaftlich spektakulären Naturschutzgebiet, dem ebenfalls benachbarten historischen Kalkofen und vor allem im geschichtlich-topografischen Kontext mit der Abtei Kornelimünster. Insofern ist es kein Zufall, dass dieser Bereich mit der Bilstermühle vom LVR-ADR 2009 als Bestandteil bzw. als prägende Freifläche im Nordwesten des Denkmalbereichs Aachen-Kornelimünster beantragt wurde. Letztlich wurde die Bilstermühle aber von der Stadt Aachen nicht mit in den Schutzumfang des Denkmalbereichs aufgenommen. Bezeichnend ist in diesem Kontext auch, dass die Bilstermühle im 2016 veröffentlichten Fachbeitrag Kulturlandschaft für den Regionalplan Köln als integraler Bestandteil dieses wichtigen Kulturlandschaftsbereiches erwähnt ist.
Schließlich sei auch noch einmal angeführt, dass die Bilstermühle bereits 1978 vom damaligen Landeskonservator des Rheinlands als Baudenkmal bzw. als denkmalwerte Bausubstanz angesprochen und seitdem auch in diesem Sinne behandelt wurde. Nach den Erweiterungen zu Wohnzwecken wurde die Bilstermühle Anfang der 1980er Jahre von der Stadt Aachen nicht mehr als einzutragendes Baudenkmal, sondern als erhaltenswertes, das Bild der historischen Kulturlandschaft wahrendes Mühlenensemble eingestuft. Aus heutiger Sicht ist die Mühle jedoch sowohl im inhaltlich begründeten Zusammenhang mit der Abtei als auch innerhalb der Kulturlandschaft um die Abtei ein historisch wichtiger substantiell überlieferter Festpunkt.
Bedeutung die Entwicklung der Arbeits- und Produktionsverhältnisse:
Die Bilstermühle einschließlich ihres Wasserrads, ihrer historisch-technischen Ausstattung, ihres zugehörigen Wasserantriebssystems und des zugehörigen Mühlenangers ist bedeutend für die Entwicklung der Arbeits-und Produktionsverhältnisse, weil es sich um ein signifikantes technikgeschichtliches Zeugnis handelt, das anschaulich die Funktionsweise einer Wassermühle aus dem frühen 18. Jahrhundert vor Augen führt, die bis weit ins 20. Jahrhundert hinein als Mühle diente und damit in ihrer angestammten Nutzung war. Damit weist die Bilstermühle eine stattliche, über 350-jährige Nutzungstradition auf, die zu den Alleinstellungsmerkmalen dieses technischen Baudenkmals zählt.
Die Bilstermühle gehört zu den wenigen Wassermühlen im Aachener Raum, die mit Wasserrad überliefert sind. Mit Wasserrad überliefert sind die Welsche Mühle, die Wittmer Mühle, NL, die Vaalsbroeker Mühle, NL und eben die Bilstermühle an der Inde. Alle vier genannten Mühlen mit Wasserrad wurden zuletzt als Mahlmühlen genutzt.
Außerdem gilt die Bilstermühle in der Fachliteratur als die einzige Mahlmühle im Aachener Stadtgebiet, die wahrscheinlich ohne größere Reparaturen wieder betrieben werden könnte. Dies ist ein Alleinstellungsmerkmal der Bilstermühle.
Schließlich ist die Bilstermühle mit ihrer historisch-technischen Ausstattung in der Stadt Aachen von besonderer Bedeutung für die Entwicklung der Arbeits- und Produktionsverhältnisse, weil sie heute zu den wenigen in Aachen überlieferten Mühlen mit historisch-technischer Ausstattung gehört, die anschaulich und authentisch aus der Geschichte der regionalen Wassermühlen und ihren Funktionsweisen erzählt.
Im Zusammenhang mit der Abtei zeugt sie auch von den Arbeits- und Produktionsverhältnissen des Klosterbetriebes.
Ihre Erhaltung und Nutzung liegt aus folgenden Gründen im öffentlichen Interesse:
Wissenschaftliche, insb. stadt-, wirtschafts- und technikgeschichtliche Gründe, auch bezogen auf die Klostergeschichte und die durch das Wirken der Klöster geprägte Klosterlandschaft:
Wissenschaftliche Erhaltungsgründe sind im vorliegenden Fall gegeben, da historische Mühlen, und zwar Wind- und Wassermühlen seit langem Gegenstand der Wissenschaft sind. Die Überblicke und wissenschaftlichen Publikationen im Bereich des Mühlenwesens sind zahlreich: Exemplarisch sei in diesem Kontext die 2 Bände umfassende Publikation "Mühlen der Eifel" von 2005 genannt.
Historische Mühlen wie die Bilstermühle werden oft auch im Kontext von Forschungen zur historischen Kulturlandschaft erfasst und dokumentiert. Dafür sei beispielhaft folgende Publikation genannt: Kistemann, Eva: Gewerblich-industrielle Kulturlandschaft in Schutz- und Planungskonzepten. Bergisch Gladbach 1820 - 1999, Essen 2000.
Bezeichnend ist schließlich auch die Tatsache, dass im Rheinland das Rheinische Mühlendokumentationszentrum (RMDZ) gegründet wurde, das Mühlen systematisch erfasst und dokumentiert. Die Forschungsergebnisse des RMDZ werden regelmäßig publiziert.
Die Bilstermühle in ihrem historischen Kontext, insbesondere in Zusammenhang mit der Abtei Kornelimünster, aber auch im Zusammenspiel mit den anderen historischen Mühlenstandorten an der Inde ist ein geeignetes und sicher lohnendes Thema für vertiefende wissenschaftliche Untersuchungen. Die historisch-technische Ausstattung der Bilstermühle ist es zweifellos wert, im Detail von der Bauforschung u.a. dendrochronologisch untersucht zu werden.
Stadt-, wirtschafts- und technikgeschichtliche Erhaltungsgründe liegen auch deshalb vor, weil die Bilstermühle zu den mittlerweile wenigen historischen Wassermühlen im Aachener Stadtgebiet zählt, die mit Wasserrad überliefert ist. Neben der Bilstermühle sind heute im Aachener Stadtgebiet lediglich drei andere Wassermühlen mit Wasserrad erhalten.
Außerdem ist die Bilstermühle mit ihrer historisch-technischen Ausstattung überliefert - auch das ist heutzutage selten in der Stadt Aachen. Schließlich gilt die Bilstermühle als einzige Mahlmühle im Aachener Stadtgebiet, die ohne größeren Aufwand wieder in Betrieb genommen werden könnte. Insofern wäre ein Verlust der Bilstermühle gravierend.
Schließlich liegen im vorliegenden Fall auch wissenschaftliche Erhaltungsgründe bezogen auf die Klostergeschichte vor, da Klöster autarke Siedlungseinheiten mit Nutzgärten, landwirtschaftlichen Höfen, kleinen Handwerksbetrieben und Brauereien waren, die zur eigenständigen Versorgung auch Mühlen brauchten.
Städtebauliche Gründe:
Städtebauliche Erhaltungsgründe sind im Fall der Bilstermühle mit ihrem zugehörigen Wassersystem und dem Mühlenanger gegeben, da sie ein prägendes und strukturierendes Element des Stadt- und Landschaftsbildes und der historischen Kulturlandschaft in diesem Bereich ist. Die Bilstermühle steht im räumlich begründeten Funktionszusammenhang mit der Abtei und ist so ein wesentlicher Teil der durch das Kloster geprägten Kulturlandschaft im Indetal / im Kernbereich des Münsterländchens. Ein Verlust der Bilstermühle wäre daher gravierend für das Erscheinungsbild, die Gliederung, das Gefüge und die Silhouette der historischen Kulturlandschaft und des Stadt- und Landschaftsbildes im Nordwesten der Abtei Kornelimünster.
Auch im Zusammenspiel mit ihrem direkten historischen Kontext und dessen Zeugnissen - dem Naturschutzgebiet, dem Kalkofen, der Abtei Kornelimünster etc. - ist die Bilstermühle mit ihrem historischem Wassersystem und dem Mühlenanger als zugehöriger historischer Freifläche städtebaulich unverzichtbar. |