Merkmale | Erbaut 1977 von Peter Volkamer; zweigeschossig mit unterschiedlichen Bauabschnitten und Volumina; Sichtbeton und Ziegelwände, mit abgeschrägten Ecken; gestaffelte, an die Topografie angepasste Baukörper mit unterschiedlichen Geschosszahlen; umliegende Gebäude (Germanistisches und Erziehungswissenschaftliches Institut) viergeschossig; Stahlbetonskelettbau; überwiegend geschlossene Wandflächen mit Materialwechsel, durchbrochen von vertikalen Fensterbändern und breit gelagerten, in der Horizontalen entwickelten Fensterfronten; dominante abgeschrägte Ecken. Das Hörsaalgebäude in drei Abschnitte gegliedert: breiter Bautrakt mit zwei Hörsälen, schmalerer Trakt mit kleineren Hörsälen, zentraler Hauptbau mit drei Auditorien. Die Freiflächen und Platzräume zwischen den Baukörpern sind Teil der Entwurfsplanung, Hof und Haupteingang an der Nordostseite vom Templergraben über eine breite Freitreppe erreichbar. Das Germanistische Institut zum Annuntiatenbach mit Bibliothek und darunter gelegener Parkgarage.
Innen: organische Grundrissstruktur; das Gebäude aufgeteilt in zwei Flügel, mittig durch ausgeprägtes Gelenk mit Haupthörsälen und großzügiger Treppenanlage verbunden; schmale Flügel mit Fluren mit einhüftig erschlossenen Seminarräumen sind von breiteren Baukörpern abgeschlossen. Innenräume dominiert durch Materialwechsel von Sichtbeton und Ziegel; breit gelagerte Haupttreppe mit mehreren Podesten führt zu den größten Hörsälen im OG des Auditoriums, belichtet über gläserne Sheddächer; der Bau geprägt von Lichtinstallationen; Erschließung der Hörsäle über Flure mit verschiedenen Niveaus mit entsprechend vermittelnden Versprüngen, Treppen oder Rampen; vor den beiden größten Hörsälen kleine Ziegelvorbauten als Haus-in-Haus-Architektur; in beiden Haupthörsälen bauzeitliche Decken-und Wandverkleidungen in Form gestaffelter Holzverkleidungen sowie Deckenapplikationen, Beleuchtungssysteme, Regiepulte und Waschbecken vorhanden; in allen Hörsälen bauzeitliches Gestühl, teilweise mit Polsterung erhalten. Im übrigen Gebäude Innenausstattung mit Sitzbänken, Sitznischen, Arbeitsplätzen oder Orte zur studentischen Kommunikation. Zurückhaltende, gestalterische Gesamtkomposition durch den Einsatz von Rotbraun, Grau, Dunkelbraun, Schwarz und Orange im Innen- und Außenbereich. Farbige Lüftungsleitungen verlaufen in Rohrsystemen als gestalterisches Detail an der Wand in Analogie zu Industrie und High-Tech. Bauzeitliche Sanitäranlagen größtenteils erhalten. Bibliothek des Germanistischen Instituts weitestgehend im bauzeitlichen Zustand erhalten: dunkle Holzspinde, Tresen, Wendeltreppe, verglaste verschließbare Wandschränke aus dunkel lasiertem Holz.
- Das Gutachten des LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinladn vom 11.08.2014 ist Bestandteil der Eintragung - |
Begründung | Städtebauliche Bedeutung des Kármán-Forums: Das Gelände des Kármán-Forums fällt vom Templergraben zum Annuntiatenbach hin um 10 Meter ab. Hier tritt der Komplex in erster Linie als städtebauliche Figur in Form eines flach gedeckten Stahlbetonskelettbaus mit abgeschrägten Kanten und geschlossenen roten Ziegelwänden hervor. Insbesondere die beiden Bauteile Ecke Eilfschornsteinstraße und entlang des Annuntiatenbachs nehmen in Form und Proportion sowie Materialität die gegenüberliegende kleinteilige Wohnbebauung auf. Das Forum zum Templergraben hin ist dem Hauptgebäude durch seine unauffällige Eingeschossigkeit untergeordnet und nimmt sich deutlich zurück. In diesem Bereich sind innen kleinere Hörsäle untergebracht. Erst in deutlicher Entfernung führt ein Zwischentrakt mit einer breiten verglasten Front zur Eilfschornsteinstraße zum voluminösen Mittelteil mit den beiden großen Hörsälen hin. Dieser dient als Knotenpunkt der Verkehrsflächen, innen wie außen, die Durchgänge und Sichtverbindungen lassen ihn als eine begehbare Architekturskulptur im Stadtbild wirken und obgleich er in einer Senke gelegen ist, scheinen die abfallenden Treppenanlagen vom Templergraben sich vielmehr
hier auf diesen Punkt hin auszurichten und zu konzentrieren, ein Höhepunkt in der stadträumlichen Bebauung, bewusst zurückhaltend durch die Wahl der topographischen Disposition. Die städtebauliche Lage des Forums führt auch
dazu, dass beinahe alle Fassaden der umgebenden Bebauung dem Forum zugewandt sind, sodass ihm die Rolle eines zentralen Hofes zukommt, der freistehend in der Mitte positioniert ist. Durch die Lage im Stadtraum mit den verschiedenen Durchgängen fungiert das Forum auch als Alternative zum öffentlichen Straßenraum. In dieser Hinsicht wird es nicht nur von Studierenden genutzt und verbindet, wie im Wettbewerb gefordert, bis heute Stadt und Campus. Das Kármán-Forum ist ein gelungenes Vorzeigemodell eines
halböffentlichen Campus, der Stadt und Universität vereint und ist ein Repräsentant moderner Stadtplanung, die in der Bauzeit am Lehrstuhl von Gottfried Böhm in Aachen ihren Anfang nahm. Dem Wettbewerb lag die städtebauliche Idee zu Grunde, die Hochschule stärker in das Altstadtgefüge einzubinden, die bis in die Nachkriegszeit zwar in unmittelbarer
Nähe zueinander positioniert waren, aber ohne Bezug zu einander bestanden. Die Entscheidung der Verantwortlichen, die erhaltenen ruinösen Gebäude wiederaufzubauen, schränkte die planerischen Freiheiten in der Umsetzung ihrer
Ideen ein. So war das Hauptgebäude beispielsweise zwar noch im Bereich der mittelalterlichen Kernstadt errichtet, besaß aber keinen Bezug zur Stadt. Ziel der neuen städtebaulichen Planungen war nun, das Gebiet der Hochschule in Richtung Stadtkern, sprich zum Marktplatz und zum Rathaus hin zu erweitern, um die Verbindung von Hochschule und Stadt zu realisieren. Die südöstliche vor dem
Hauptgebäude liegende Erweiterung des Hochschulgeländes führte hier zur Schwerpunktbildung des Hochschulareals und ermöglichte eine echte räumliche
Verbindung des Hauptgebäudes als Wahrzeichen der Universität mit dem Stadtkern. Die Universität sollte als offener Stadtbereich in Bezug zur Altstadt gesetzt werden. Um den Eindruck einer gewachsenen Stadt zu suggerieren, sollten sich
zentrale Bereich in eine Folge von Freiräumen und Plätzen mit einem Forum als Mittelpunkt gliedern. Mit der Errichtung des Kármán-Forums, der dazu gehörigen Platzgestaltung sowie dem Bezug zum gegenüberliegenden Augustinerplatz wurden
diese städtebaulichen Ziele realisiert. Die ursprünglichen Planungen der Architekten sahen eine Brücke zwischen dem Kármán-Forum und dem Augustinerplatz vor, die noch stärker, auch visuell, die Verschränkung zwischen Hochschulareal
und Altstadt verdeutlicht hätte, welche aber auch ohne dieses verstärkende Moment nachvollziehbar ist.
Architekturhistorische Bedeutung: Laut der Publikation von Gerhard Schörken (2006) hat Jens Peter Volkamer in
einem persönlichen Gespräch mit dem genannten Autor von Studienreisen in die USA mit Fokus auf die Bauten des amerikanischen Architekten Paul Rudolph im Vorfeld der Entwürfe zum Kármán-Forum berichtet. Betrachtet man das Werk und die Architekturtheorie Rudolphs lässt sich ein deutlicher Einfluss auf die Planungen in Aachen ausmachen. Paul Marvin Rudolph wurde 1918 in Elkton, Kentucky geboren und verstarb 1997 in New York. Er studierte Architektur an der
Alabama Polytechnic, heute Auburn University und wechselte nach dem Zweiten Weltkrieg nach Harvard, wo er bei Walter Gropius und Marcel Breuer studierte. Ab 1951 unterhielt er sein eigenes Atelier in Sarasota, Florida. Von 1958 bis 1965
war er Dekan der Architekturfakultät Yale. Nachdem er schon in seiner frühen Schaffenszeit dem Brutalismus zugeneigt war,
wandte er sich in den 1960er Jahren vom International Style und dem reinen Funktionalismus ab und entwickelte eigene, postmoderne Architekturvorstellungen. Neben der Lehrtätigkeit entwarf Rudolph zahlreiche öffentliche Bauten und bewältigte große Bauvorhaben, die er mit seinen Maximen
zu verbinden suchte. Wesentliche Aspekte waren die Schaffung lesbarer zusammenhängender und interessant gestalteter Außenräume, die Beachtung der Bedeutungshierarchie städtischer Bauten, die nach Vorder- und Hintergrundgebäuden verlange. Er bevorzugte, nachdem der International Style zunehmend als nackt und unpersönlich empfunden wurde, anstelle der Curtain Wall Betonkonstruktionen mit plastischen und tiefen Fassaden, um so der Architektur eine monumentale Wirkung zu verleihen sowie mit Licht- und Schattenspiel expressive Gestaltungsmittel anzuwenden, das zugleich zu einem
ästhetischen Moment der Architektur wird. Darüber versprach man sich eine Rückkehr zu mehr Menschlichkeit statt Technologie und Mechanisierung. Nach der Überwindung der Moderne und ihrer Doktrin der Funktionalität sollte ein
neuer Realismus an den Tag gelegt werden, der die Ansprüche der Nutzer und der Gesellschaft berücksichtige sowie die emotionalen und sinnlichen Komponenten der Architektur. Rudolph begann bereits in den späten 1950er
Jahren neue Wege hinsichtlich der Integration der Gebäudetechnik zu beschreiten. Stellte dies in der Zwischenzeit einen großen Posten des gesamten
Bauvolumens dar, sollte er auch sichtbar Ausdruck finden, er sprach von einem "mechanischen Exhibitionismus" statt des "tragkonstruktiven Exhibitionismus". Die Gebäudetechnik könne zur integrierten Skulptur mit entsprechender Wirkung
avancieren. Diese Form des "mechanischen Exhibitionismus" begegnet in Aachen bei den auf der Wand verlegten Lüftungsrohren und den beiden kreisrunden, vom Innenraum
durch die Dachhaut durchstoßenden Ansaug- und Abluftröhren, die mit Beton verkleidet sind und hierüber zu einem gestalterischen Detail aufsteigen. Im Sinne des Städtebaus ging es Rudolph darum, die Städte wieder den
Menschen anzupassen. Zu berücksichtigen war vor allem der Betrachtungswinkel des Fußgängers und dessen Bedürfnisse. Insbesondere plastische Betonfassaden
trugen seiner Meinung nach zu einer vielschichtigen Maßstäblichkeit bei, die Gebäude in unterschiedlichen Entfernungen interessant und lesbar machte und
traditioneller Architektur vergleichbar mehrere Bedeutungsebenen gab. In seinen Bauten für Yale sind im besonderen Maße das Art and Architecture Building (1958-1963) und das Wohnheim für verheiratete Studenten (1960-1961) und die Tuskeyee University Chapel (1969) zu nennen. Beim ersten Bau bestimmten die Nachbarbauten stark die Planung des Neubaus, ein betont horizontaler Bau stand
dem Neubau gegenüber, so konzentrierte sich Rudolph auf die Ausbildung einer deutlichen Vertikalität. Die Betonkonstruktion mit ihrer sichtbaren Oberfläche verfügt über eine deutliche Plastizität der Fassade und wird durch zahlreiche Rücksprünge, Ecksituationen und Staffelungen belebt. Bei den Wohnheimen entschied sich Rudolph für die Materialkombination Ziegelstein und Sichtbeton, wohl als Reminiszenz an die Jaoul Häuser LeCorbusiers. Das umgebende Gelände modellierte er als terrassenartigen Dorfplatz mit zentraler breiter Treppenanlage. Der Exkurs zu Rudolph soll deutlich machen, wie stark der Einfluss auf das
praktische Werk Volkamers war. Es finden sich zahlreiche Forderungen des amerikanischen Architekten in Aachen in gebauter Form wieder. Zunächst ist in Aachen die Bedeutungshierarchie der Bauten ablesbar, das Kármán-Forum ordnet sich städtebaulich dem Hauptgebäude der RWTH unter, auch gegenüber der anderen angrenzenden Bebauung nimmt sich der Komplex zurück und drängt sich nicht auf, obwohl es an einem zentralen Platz in der Mitte steht. Im Unterschied zu dem gegenüberliegenden horizontal dominierten Sammelbau des Fachbereichs I (Center for International Automobile Management) wird beim Kármán Forum die Vertikalität betont. Diese Gegenüberstellung des flachen Baus und des Hochhauses erinnert an die Lippenstift-Puderdosen-Wirkung, wie beim Neu- und Wiederaufbau der Berliner Gedächtniskirche durch Egon Eiermann (1957-1961). Die Platzgestaltung mit den Treppenanlagen und der Geländemodellierung erinnert durchaus an einen terrassierten Dorfplatz und die zahlreichen Durchblicke und -Gänge führen zu einem lesbaren, zusammenhängenden Außenraum mit Verbindung zum Innenraum des Komplexes. Der Baukörper selbst verfügt über eine plastische und tiefe Fassade, zum einen durch die breiten Holzrahmen der Fenster und zum anderen durch das Wechselspiel der Materialität von Beton zu Ziegel. Die Kombination aus dem traditionellen Werkstoff Ziegel und Sichtbeton verweist auf die regionale Verbundenheit und die Einreihung in traditionelle Bauweise und Architektursprache. Beton ist hierbei zum einen dem ingenieurstechnischen Fortschritt zuzuordnen und zugleich als ein moderner Ersatzwerkstoff für den in Aachen üblicherweise verwendeten Blaustein zu sehen. Die Verbindung von Regionalität und Fortschritt ist an einer traditionsreichen Universität wie Aachen selbsterklärend. Auffallend ist, dass beim Wieder- und Neubau in Aachen sehr häufig diese Kombination verwendet wurde und sie das Stadtbild heute maßgeblich prägt. Demnach fügt sich das Kármán-Forum in die Bautradition der Stadt Aachen in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts ein. Diese Einfügung und Unterordnung in einen regionalen Stil ist eines der Merkmale der Architektur der späten 1970er Jahre. Mit der Postmoderne kommt es zu einer Tendenz hin zum Regionalismus und zu einer Zurückhaltung. Postmodern ist, was sich einfügt und anpasst, was nicht modern scheint (Damus 1988). Licht- und Schattenspiele kommen als expressives Gestaltungsmittel zum
Einsatz, als ästhetisches Moment der Architektur. Die vordergründige Zurschaustellung der Gebäudetechnik ist in Aachen innen wie außen umgesetzt. Betrachtet man die zeitliche Nähe zwischen den Bauten Rudolphs und dem
Wettbewerb in Aachen lässt sich nicht leugnen, dass Volkamer die Ideen eines der wichtigsten Vertreters der amerikanischen Architektur im 20. Jahrhundert hier mit seiner eigenen Formensprache und als ein frühes Beispiel umgesetzt hat. Kontextualisiert man das Kármán-Forum mit anderen Hochschulbauten, die in dieser Phase entstanden sind und an denen Volkamer und Wetzel beteiligt waren,
erkennt man deutlich die individuelle Handschrift der Architektengemeinschaft. Anzuführen sind die Bauten für die Fachbereiche Biologie, Pharmazie und Chemie sowie die Universitäts- und Landesbibliothek Düsseldorf. Die Universität Düsseldorf ist eine Campus-Universität mit einem linearen Entwicklungskonzept, das eine eigenständige Wachstumsdynamik in den Außenbereichen, sprich Fachbereichen, und einer davon unabhängigen Entwicklung im Kernbereich ermöglichen sollte. Die Realisierung war stufenweise angelegt. Die tatsächliche Planung begann 1969 mit den Fakultäten Medizin, Naturwissenschaften und Geisteswissenschaften im Bereich des Nordabschnittes, die Bereiche im Südabschnitt wurden im Oktober 1970 begonnen. Insbesondere bei der Gestaltung der Innenräume der Bauten im Südabschnitt sind gestalterische Parallelen zum Kármán-Forum festzustellen. Der Versuch durch scheinbar freischwebende Konstruktionen der Treppenanlagen dem Bau eine Leichtigkeit zu verleihen, die zahlreichen Durchblicke von innen nach außen, von unten nach oben, die Materialkombination innen aus ziegelartigen Fliesen und Sichtbeton erinnern an Aachen, wenngleich die Umsetzung kleinteiliger und räumlich beschränkter ist. Die große Geste, wie im Auditoriumsbau, fehlt. Bei der Gestaltung der Universitäts- und Landesbibliothek fällt auf, dass hier im
besonderen Maße beim Außenbau über die Fenster eine plastische Rhythmisierung und Plastizität erreicht werden sollte. Hinzu kommen Eckausbildungen,die dem Bau eine Tiefenwirkung geben. Sehr viel stärker als in Aachen
kam hier Beton und Glas zum Einsatz, nur im Erdgeschossbereich ist stellenweise Ziegel verwandt worden, aber auch die Mehrgeschossigkeit, die Monumentalität und zugleich skulpturale Ausgestaltung des Baus drücken ein andere Intention aus, als ein den Platz dominierender Höhepunkt, das Zentrum und der Quell der Wissenschaft als Bibliothek, im Gegensatz zur gebauten Unterordnung und Zurückhaltung in Aachen. Weitere vergleichbare Universitätsbauten, die in dieser Zeit unter anderem entstanden sind, sind die Universität von Regensburg (1975) und die Universität Bielefeld, wobei bei der letztgenannten noch stärker am Funktionalismus und der gläsernen Rasterfassade, zwar in Verbindung mit mehr Beton als es bei den typischen modernen Bauten der Fall gewesen ist, festgehalten wurde und daher auf eine detaillierte Beschreibung verzichtet wird. Die unmittelbare Nachbarschaft der Altstadt Regensburgs zur Universität dominierte von Beginn an die Planungen. Nachdem es nicht möglich war, die Universität in das mittelalterliche Stadtgefüge zu integrieren, wollte man die Universität als offenen Stadtbereich in einen Bezug zur Altstadt setzen, indem man die Bauten entlang einer an die Stadt anschließenden Nord-Süd-Entwicklungsachse mit
Sichtverbindungen zu den Türmen des Regensburger Doms anordnete. Um eine gewachsene Stadt nachzuahmen, gliedert sich der zentrale Bereich in eine Folge von Freiräumen und Plätzen mit einem Forum als Mittelpunkt. Von vorn herein wurde auf eine homogene Baustruktur verzichtet um individuelle Einzelplanungen zu ermöglichen. Gebunden waren die Planer an das Baumaterial Stahlbeton und ein festgelegtes Modul für Konstruktion und Ausbau. Diese Vorgaben erzeugen trotz der Einzelplanungen ein recht harmonisches Gesamterscheinungsbild und einen großen Wiedererkennungswert. Die Anpassung der Baukörper an die Topographie und die zahlreichen Plätze, Freiräume und Treppen vermitteln den Eindruck eines organischen Ganzen. Auch in Regensburg spielen organisch gewachsene und skulptural gestaltete Baukörper eine gewichtige Rolle. Der Wechsel von großformatigen Stahlskelettbauten, additiv komponierten Gebäuden und partieller Dominanz des Betons erzeugen eine Heterogenität, die das Gewachsene gekonnt
wiederspiegeln und zugleich den unterschiedlichen Funktionseinheiten eigene Gestaltungsformen zuordnen.
Obgleich Regensburg und Düsseldorf Campus-Universitäten und somit durch diesystematische Grundplanung von Aachen zu unterscheiden sind, ist dennoch anhand der Architektursprache, die bei beiden Universitäten gewollt individuell in den einzelnen Bauabschnitten zum Ausdruck kam, ein Vergleich mit dem Kármán-Forum zulässig und es wird deutlich, dass das Kármán-Forum eines der frühen Beispiele für die Umsetzung der maßgeblich aus Nordamerika propagierten Forderungen einer Postmoderne in Deutschland ist, die sich abwendete vom reinen Funktionalismus und übersteigerter Monumentalität hin zu einer gewachsenen, sich einfügenden und organisch-skulpturalen Formensprache.
Ortsgeschichtliche Bedeutung: Das Kármán-Forum und im besonderen Maße das Kármán-Auditorium sind seit der Erbauungszeit der Austragungsort der bedeutenden Großveranstaltungen der RWTH Aachen. Neben der Studieninformationsberatung, der RWTHWissenschaftsnacht
hat es inzwischen Tradition, dass der jeweilige Karlspreisträger hier vor den Studierenden auftritt. Dies lässt die Vermutung zu, dass fast jeder Studierende an der RWTH Aachen durch persönliche Erinnerungen mit diesem Ort verbunden ist, in einem Gutachten im Auftrag des BLB Aachen
sprechen die Verfasser gar vom "Wohnzimmer Aachens für jeden Studenten seit dem ersten Studiumstag" (IP arch GmbH, 2011). Es ist davon auszugehen, dass sich die Studierenden mit dem Kármán-Forum identifizieren und auch spätere Erinnerungen an die Zeit des Studiums in Aachen mit dem Kármán-Forum unweigerlich verbunden sind. Das Forum ist somit als eine Identifikationsfigur der Universität zu werten und als solche als universitätsgeschichtliches Zeugnis erhaltenswert. Aufgrund der engen Verflechtung der Stadt Aachen mit der Universität ist es gleichermaßen auch hinsichtlich der Ortsgeschichte bedeutend. Die Lage im innerstädtischen Bereich, die Bedeutung und der Einfluss der
Universität mitsamt den Studierenden für das Stadtbild, das städtische Leben und die Gesellschaft Aachens unterstreichen die ortsgeschichtliche Bedeutung. Darüber hinaus verweist der Namenspatron Theodor von Kármán auf die lange universitäre Wissenschaftstradition, die internationale Bedeutung und den renommierten Ruf des Universitätsstandortes Aachen. Die innovative Architektursprache zeugt zudem von der Fortschrittlichkeit, der
internationalen Ausrichtung sowie dem Mut zu Modernität Aachens in den 1970er Jahren. |