Wohnhaus
Denkmalnummer 05334002 A 01398
Adresse Bismarckstraße 85
Koordinaten 295861 5628116
Eintragung 03.05.1983
Denkmalart Baudenkmal
Kataster Flurstück: Gem.: Burtscheid Flur: 1 Flurst.: 3040
Merkmale Erbaut 1887 oder 1888 durch die Aktiengesellschaft Frankenberg. Traufständiger dreigeschossiger Ziegelbau auf niedrigem Kellersockel unter Satteldach mit Mansarde auf der Straßenseite. Öffnungen zur Straßenseite rechteckig. Eingang in der linken Achse. Im 1. Obergeschoss mittig ein Balkon. Im Dach mittig ein Zwerchhaus. An der Fassade Putzgliederung, insbesondere durch horizontale Elemente: im Erdgeschoss dicht gereihte Bänder, darüber als Geschossteilung doppelte Platte, in den Obergeschossen weitere Platten, Bänder und Gesimse auf Höhe der Sohlbänke, auf halber Fensterhöhe und auf Sturzhöhe, abschließend Traufgesims mit Volutenkonsolen. Außerdem Fensterrahmungen, in den Obergeschossen mit Ohren, über den Fenstern des 1. Obergeschosses zusätzlich mit Putzquadern, über dem Mittelfenster außerdem Segmentgiebel. Am Zwerchhaus stilisierte Pilaster und Voluten sowie bekrönender Rundgiebel. Sämtliche Fenster und die Eingangstür erneuert. Hofseite zweieinhalbgeschossig mit Drempel, segmentbogige Fensteröffnungen. Auf der Westseite dreigeschossiger Rückflügel. Im Winkel zwischen Vorder- und Rückflügel moderner Anbau. Raumaufteilung und Erschließung des Inneren mit kleineren Veränderungen erhalten. Korridorartiges Vestibül und Treppenhaus mit zweiläufiger Treppe, von dort die Wohnungen über sehr große Türen zugänglich. Die Räume im Rückflügel ehemals vom Wendepodest erschlossen, heute im Erdgeschoss und 1. Obergeschoss über den Anbau. Bauzeitliches Dachwerk erhalten. Wichtige Teile der bauzeitlichen wandfesten Ausstattung vorhanden: Fußböden, Wohnungstüren, im Erdgeschoss des Treppenhauses ein Handwaschbecken, Holztreppe mit gedrechselten Stäben und aufwändig gestaltetem Antrittspfosten mit bekrönender Figur eines Landsknechts. Von einer eventuell ehemals existierenden Wand- und Deckengliederung nur Fragmente im Bogen zwischen Vestibül und Treppenhaus.
Begründung Das Wohnhaus Bismarckstraße 85 erfüllt im definierten inhaltlichen und räumlichen Umfang mit den oben beschriebenen wesentlichen Merkmalen die Voraussetzungen eines Baudenkmals im Sinne von § 2 Abs. 1-2 des Nordrhein-westfälischen Denkmalschutzgesetzes (DSchG NRW) in der Fassung vom 13.04.2022. Insbesondere ist das Wohnhaus Bismarckstraße 85 bedeutend für die Geschichte des Menschen und für Städte und Siedlungen. Ferner besteht an seiner Erhaltung und Nutzung wegen seiner wissenschaftlichen und städtebaulichen Bedeutung ein Interesse der Allgemeinheit ? Bedeutung für die Geschichte des Menschen: Das Wohnhaus Bismarckstraße 85 ist in seiner Grundstruktur und mit vielen aussagekräftigen Details erhalten. Es ist damit ein anschauliches Zeugnis für ein gründerzeitliches Wohnhaus und gehört im Frankenberger Viertel zu den etwas einfacheren Einfamilienhäusern, im Aachener Vergleich jedoch zu den gehobenen, die sich sowohl durch eine überdurchschnittliche Größe als auch durch eine repräsentative Gestaltung des Äußeren und der Eingangsräume, vor allem des Treppenhauses, auszeichnen. Das Haus war kurz nach der Erbauung 1889 und 1891 noch im Besitz der Aktiengesellschaft Frankenberg und an zwei Parteien vermietet, einen Kaufmann und eine Witwe, gehörte ab 1893 dann aber dem Rentner Charlier, der zunächst selbst dort wohnte, das Haus aber dann ab 1895 als Einfamilienhaus vermietete: zunächst einen Major, dann nach Leerstand ab 1899 an einen Agenten, der 1901 als Ölfabrikant bezeichnet wird. Beide Mieter gehören damit eindeutig den wohlhabenden Gesellschaftsschichten an. Wie mehrere Häuser in diesem Abschnitt der Bismarckstraße wurde das Haus Bismarckstraße 85 anscheinend von der Aktiengesellschaft Frankenberg in Eigenregie erbaut; wer den Entwurf für das Haus geliefert hat, ist unbekannt. Die Aktiengesellschaft Frankenberg verkaufte üblicherweise die Grundstücke bereits vor der Bebauung; dass sie selbst als Bauherrin auftritt, ist ansonsten eher selten, abgesehen von zwei der ältesten Häuser, die als Demonstrationsbauten errichtet wurden. Das Haus wurde nach wenigen Jahren an eine Privatperson verkauft, die es erst selbst bewohnte und dann als Investitionsobjekt zum Vermieten nutzte. Die Vorgehensweise, ein gerade fertiggestelltes Haus zu verkaufen, ist in deutschen Städten in der 2. Hälfte des 19. Jhs. sehr verbreitet, und sie wirft ein bezeichnendes Licht auf die Bautätigkeit in den schnell wachsenden Großstädten, in denen in kürzester Zeit enorm viel Wohnraum entstehen musste. Grundstücke und ihre Bebauung wurden somit zu lohnenden Spekulationsobjekten. Bedeutung für Städte und Siedlungen: Das ganz überwiegend auf damaligem Burtscheider Gebiet liegende Frankenberger Viertel ist eins der ersten Stadt¬erweiterungsgebiete von Aachen (nach dem Rehmviertel, vor 1864, und dem Steffensviertel, um 1870). Das relativ ebene, östlich der Altstadt gelegene Gelände bot sich für eine Stadtweiterung an. Ehemals waren die Ländereien ganz überwiegend im Besitz der Burg Frankenberg gewesen und wurden von deren Erben 1872 durch die neugegründete Aktiengesellschaft Frankenberg zum Zweck der Bebauung erworben. Die Aktiengesellschaft stellte selbst einen Bebauungsplan auf und erwarb noch fehlende Grundstücke zu teils hohen Kosten dazu. 1874 waren einige Straßen bereits ausgeführt, die letzten Abschnitte wurden aber erst um 1890 trassiert. Die Bebauung setzte zunächst nur zögerlich ein, und bis 1884 waren im Frankenberger Viertel erst sehr wenige Häuser erbaut. Danach nahm das Tempo zu, aber selbst 1914 blieben vor allem in Randbereichen noch Grundstücke unbebaut. Zwischenzeitlich (1897) war Burtscheid nach Aachen eingemeindet worden. Der Großteil der heutigen Bausubstanz des Frankenberger Viertels stammt aus der Hauptbauphase zwischen 1874 und 1910, so auch das Haus Bismarckstraße 85 von 1887 oder 1888. Im Zweiten Weltkrieg wurde das Viertel nur in geringem Ausmaß zerstört. Heute ist das Gebiet, dessen historistisch geprägte Straßenzüge und Bebauung weitgehend erhalten sind, das größte zusammenhängende Gründerzeitviertel Aachens und sogar eins der größten im ganzen Rheinland. Im Frankenberger Viertel entstanden repräsentative Stadtpalais als Einfamilienhäuser für Fabrikanten oder hohe Beamte, aber auch Mehrparteienhäuser mit großzügigen Mietwohnungen für Beamte und Personen der höheren oder mittleren Einkommensschichten. Das Haus Bismarckstraße 85 wurde anfangs von zwei Parteien bewohnt, aber bald als Einfamilienhaus genutzt. Eine Unterteilung von Häusern in kleinste Wohneinheiten ist dagegen die Ausnahme gewesen, eher ging der Trend hin zur Schaffung von etagenweise abgeschlossenen Wohnungen. Allen Personenkreisen gemeinsam war der Wunsch nach einer repräsentativen Gestaltung des Äußeren und der Haupträume des Inneren. So kommt es, dass für jedes Haus eine individuell unverwechselbare Außenerscheinung entworfen wurde, bei der eine reiche Dekoration geradezu eine Grundvoraussetzung ist. Vielfach wurden die Häuser auch von den Bauunternehmern / Architekten im eigenen Auftrag errichtet und - bei Einfamilienhäusern - dann verkauft, während Mehrparteienhäuser vermietet wurden. Im Frankenberger Viertel ist - trotz weniger immer wiederkehrender, wenn auch teilweise abgewandelter Grundtypen - das gesamte Formen¬repertoire des Historismus zu finden, was zu einem äußerst reichen baulichen Gesamtbild des Viertels führt. Die rückwärtigen Bereiche der häufig recht tiefen Grundstücke im Blockinnenbereich - auch und gerade zwischen Bismarckstraße und Oppenhoffallee - nehmen außer den rückwärtigen Flügeln der Häuser und Gärten nicht selten kleinteilige Betriebsgebäude wie Schuppen und Werkstätten oder im Bereich nördlich der Oppenhoffallee sogar bereits vorher existierende Fabrikanlagen, bei besonders wohlhabenden Eigentümern manchmal auch Remisen oder Kutscherhäuser auf. Insgesamt trägt jedes einzelne erhaltene Haus mitsamt der Innenstruktur und seiner jeweiligen rückwärtigen Bebauung in einmaliger Weise zum Zeugnis- und Schauwert des Frankenberger Viertels in seiner baulichen Gesamtstruktur bei. ? Ferner liegen für Erhalt und Nutzung vor: Wissenschaftliche, insbesondere architekturhistorische Gründe: Das Haus Bismarckstraße 85 hat einen Zeugnis- und Schauwert für die Architekturgeschichte. Es gehört zum in Aachen weitverbreiteten Typus des Dreifensterhauses. Die Straßen¬fassade zeichnet sich durch ein klares recht-winkliges Gliederungsgerüst aus, bei dem die Horizontale als Gegengewicht zur stark hochrechteckigen Propor-tionierung der Gesamtfassade betont ist. Es handelt sich damit um ein Grundschema klassizistischer Tradition, während die Einzelformen des Dekors überwiegend barocken Ursprungs sind, insbesondere die Fensterohren und der Dekor der Dachgaupe. Alle Schmuckformen sind zurückhaltend eingesetzt und dienen der Betonung des 1. Obergeschosses als Beletage und des oberen Abschlusses. Das Haus Bismarckstraße 85 entspricht mit dem vom Wendepodest der Treppe aus erschlossenen Rückflügel Peter Ruhnaus Grundrisstyp A.1., der mit 101 Vorkommen der traditionellste und gleichzeitig einer der häufigsten Typen des Dreifensterhauses im Frankenberger Viertel ist. Sein Hauptnachteil ist, dass wegen des Niveausprungs und des im Winkel zwischen Vorder- und Hinterhaus liegenden Treppenhauses geschossweise abgeschlossene Wohnungen nicht möglich sind. Der Typus ist daher vor allem für Einfamilienhäuser geeignet, wie auch das Haus Bismarckstraße 85, das nur anfangs kurzzeitig an zwei Parteien vermietet war. Wie schwierig es ist, bei diesem Grundrisstyp dennoch Etagenwohnungen herzustellen, zeigt der jüngste Umbau des Hauses, bei dem ein rückwärtiger Anbau notwendig war. Städtebauliche Gründe: Dem Haus Bismarckstraße 85 kommt eine städtebauliche Bedeutung als einem prägenden Teil der in diesem Abschnitt der Bismarckstraße auf der Nordseite nur fragmentarisch erhaltenen historischen Bebauung zu. Während etwas weiter östlich (ab Nr. 91) eine weitgehend geschlossene Reihe der Ursprungsbebauung erhalten ist, sind die unmittelbaren Nachbarhäuser von Nr. 85 durch die Gestaltung der 1950er Jahre bestimmt: Dies gilt sowohl für die linken Nachbarn Nr. 83, 81 und an der Ecke zur Haßlerstraße Nr. 79 als auch die beiden rechten Nachbarn, Nr. 87 und Nr. 89, wobei Nr. 87 ein tiefgreifend umgebautes Haus der Erstbebauung sein könnte. Das Haus Bismarckstraße 85 ist in diesem Abschnitt auf dieser Seite somit das einzige, das durch seine prägnante Gestaltung die gründerzeitliche Bebauung der Bismarckstraße nachvollziehbar macht. Zusammen mit den ebenfalls erhaltenen Häusern Nr. 80 und Nr. 82 auf der Straßenseite gegenüber entsteht sogar ein einigermaßen geschlossener historistischer Straßenraum, insbesondere beim Blick nach Osten. Die Lage und die Gestaltung machen das Haus Bismarckstraße 85 im Gesamtbild der Bismarckstraße und des Frankenberger Viertels zu einer unverzichtbaren Komponente.
Schutzumfang Wohnhaus mit rückwärtigem Flügel vollumfänglich, nicht aber der moderne rückwärtige Anbau im Winkel von Vorder- und Rückgebäude. ? Siehe Lageplan, der Bestandteil der Eintragung ist. ?
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