Schurzelter Straße 41 als Teil der Obere Schurzelter Mühle, ehem. Spinnerei und Färberei
Denkmalnummer 05334002 A 03115
Adresse Schurzelter Straße 41
Eintragung 11.01.1985
Denkmalart Baudenkmal
Kataster Flurstück: Gem.: Laurensberg Flur: 22 Flurst.: 918
Merkmale Obere Schurzelter Mühle, zuletzt Färberei Fußgänger; umfangreicher Gebäudekomplex an historischem Mühlenstandort, in mehreren Bauphasen errichtet 1842 bis Mitte 20. Jh., älterer Kern in den südlichen Gebäudeteilen; unregelmäßige Anlage um einen Hof, überwiegend in Backstein, Teilbereiche in Bruchstein. Das heutige Hauptgebäude (ehem. Karbonisur und Spülerei) dreigeschossig in 7 zu 3 regelmäßigen Fensterachsen, am Nordgiebel die Jahreszahl 1842 in Ankersplinten, im Giebel darüber zwei halbrunde Fenster; überwiegend erhaltene Metallsprossenfenster mit Blausteinfensterbänken, Telleranker, drei einräumige Vollgeschosse mit Balkendecken auf Stahlstützen und -trägern, im 2.OG mit Mutter- und Kinderbalken; Satteldach mit weitgehend originaler Bockkonstruktion mit Krummstreben, z.T. in Zweitverwendung. Östlich anschließend über dem ehem. Mühlgraben eingeschossiges Gebäude mit Pultdach, z.T. älteres Bruchsteinmauerwerk, erhaltene Wasserbecken und Düker-Rohrleitung. Nach Nordwesten anschließender Bauteil (Wolltrocknerei / Versand) dreigeschossig in 7 zu 3 Fensterachsen, Blausteinfensterbänke, zweiflügelige Holz(sprossen)fenster mit Oberlicht und Treibriegelbeschlägen erhalten, Mansarddach mit Walm; Innen EG zweischiffig mit wohl älterer Bruchsteintrennwänden, Obergeschosse mit je einem Raum über gesamte Gebäudetiefe, Eichen-Holzbalkendecken und Dielenböden, 1.OG mit zentraler Stützenreihe, 2. OG mit zwei Stützenreihen; Obergeschosse z.T. mit offenen Nischen unter den Fenstern, Dielenböden; Dachstuhl weitgehend erhalten. Der vorgelagerte Hof östlich und westlich von zweigeschossigen Gebäuden umgrenzt: Östlich ehem. Spülerei mit Mansarddach in neun zu zwei Achsen, z.T. durch Neubauten verstellt; z.T. zweiflügelige Holzsprossenfenster mit Segmentbogensturz, Ankersplinte; Innen: Boden EG mit Wasserbecken und Hubschütz vor nördlicher Giebelwand, ertüchtigte Balkendecken mit ergänzenden Stahlträgern, Reste Treibriemenantrieb, einläufige Treppe in die Obergeschosse, z.T. Dielenboden, Dachgeschoss mit Bockstuhl, Krummstreben und Firststiel erhalten. Westlich den Hof begrenzend mehrphasiges Gebäude (Bürogebäude) in unregelmäßigen Achsen, z.T. Holzsprossenfenster, EG verändert, Türgewände in Blaustein, Satteldach, im Innern z.T. hist. Raumstruktur und Konstruktion mit Balkendecken, Teile der wandfesten Ausstattung mit Türen und hist. Wandtresor anstelle eines Ofens, im 1.OG Ofennische, Satteldach mit vermutlich erneuertem Dachstuhl. Nördlicher neuer Teil breiter mit Flachdach. Nach Westen anschließende Fabrikbauten v.a. um 1900 und später errichtet und überwiegend aus Ergänzungen und Umbauten entstanden, darunter große Garnfärberei-Halle mit mächtiger hölzerner Dachstuhlkonstruktion mit Sprengwerken, Auflager Stahlträger auf Stützen, nördlich Reste des ehem. Schornsteins; nach Westen anschließend drei ehem. Kesselhäuser um 1900, davon das erste verändert und mit Außenwänden in die Garnfärberei einbezogen, die beiden erhaltenen Kesselhäuser mit Dachstuhl und z.T. hist. Metallsprossenfenstern, teils Öffnungen verändert, Holländische Dreiecke im Giebelmauerwerk, Satteldächer. Zur Schurzelter Straße die Halle der Stückfärberei, 1954 auf Vorgängerbau errichtet, Metallsprossenfenster nach Norden, Stahlbetonbinder mit Oberlichtern. Im Inneren sind die letztgenannten Fabrikbauten durch betriebsnotwendige Modernisierungsmaßnahmen weitgehend verändert oder entkernt, Gebäudehülle und Dachkonstruktion sind jedoch überwiegend erhalten, z.T. Becken und Fußböden erhalten. Nach Nordwesten ehem. Farblager und Kraftstation, Backsteinbau mit Flachdach. Im Gelände südlich ehem. kleines Wohn- bzw. Wärterhaus, Backsteinbau auf hohem Kellergeschoss-Sockel, Mansarddach mit markantem Kamin, Außentreppe; im Innern Raumstruktur und Konstruktion. Mühlengraben bzw. -teich mit Wehr und Hubschütz, Reste älterer Wasserführung entlang des Spinnereigebäudes, Dükerrohr.
Begründung Das Objekt ist bedeutend für die Geschichte der Menschen, für Städte und Siedlungen und für die Entwicklung der Arbeits- und Produktionsverhältnisse. Für seine Erhaltung und Nutzung liegen wissenschaftliche und städtebauliche Gründe vor. Bedeutung für die Geschichte des Menschen und für Städte und Siedlungen: Der Wasserreichtum Aachens und der nahe gelegenen Eifel spielte über Jahrhunderte eine zentrale Rolle. Spätestens seit der Antike wurde die Wasserkraft für Produktionszwecke genutzt und war bis weit in die Frühe Neuzeit die Hauptenergiequelle schlechthin und damit grundlegend für das wirtschaftliche Schaffen der Zeit und Region. Darüber hinaus boten die hiesige Quantität und Qualität des Wassers günstige Voraussetzungen für die Tuchherstellung, die über Jahrhunderte die Geschichte und Entwicklung der Stadt entscheidend mitprägte. Die in Rede stehende Obere Schurzelter Mühle ist bedeutend für die Geschichte des Menschen, weil es sich um einen gut und weitgehend authentisch überlieferten frühen Industriestandort aus der ersten Hälfte bzw. Mitte des 19. Jahrhunderts handelt, der in Kontext der wichtigen Aachener Tuchindustrie betrachtet werden muss. Darüber hinaus handelt es sich im vorliegenden Fall um einen traditionsreichen Mühlenstandort, der wohl spätestens seit dem 14. Jahrhundert existierte. Er gehört zu den früher zahlreichen Mühlenstandorten entlang des Wildbachs: Der nur etwas über 5 km lange aber wasserreiche Wildbach zwischen Seffent und Soers bzw. der Mündung in die Wurm bot mit seinem relativ starken Sohlgefälle sieben Mühlen und später vor allem Textil- und Tuchfabriken ausreichend Wasser für die Produktion sowie zur Energieerzeugung. Insofern ist die Alte Schurzelter Mühle oder Ölmühle bedeutend für die Stadt-und Regionalgeschichte sowie für die wirtschaftliche Entwicklung Aachens. Die in Rede stehende Mühle mit dem zugehörigen historischen Wassersystem ist zudem bedeutend für Städte und Siedlungen, weil es sich um ein wichtiges und prägendes Element der historischen Kulturlandschaft im Bereich zwischen Seffent und Schurzelt und um einen prägnanten historischen Mühlenstandort am Wildbach handelt. Eindrucksvoll ist bis heute auch die Vielfalt und die Dichte an historischen Zeugnissen in diesem Landschaftsbereich zwischen der historischen Ortschaft Seffent und Laurensberg / Schurzelt: Die "Ölmühle" steht städtebaulich und landschaftlich in engem Zusammenspiel mit dem benachbarten traditionsreichen Seffent mit den Sieben Quellen, der historischen Ortschaft, der Burg und den zugehörigen Kulturterrassen sowie dem benachbarten Schurzelter Hof. Bedeutung für die Entwicklung der Arbeits- und Produktionsverhältnisse: Der Wildbach als Wasser- und Energielieferant war für die Mühlen und später für das Aachener Tuchgewerbe von großer Bedeutung. Die anthropogene Überformung des Geländes für die optimale Nutzbarmachung des Gewässers ist bis heute nachvollziehbar. Im vorliegenden Fall dokumentiert das überlieferte historische Mühlenensemble mit zugehörigem Wassersystem exemplarisch die oft zeittypische Entwicklung der historischen Mühlenstandorte in der Region: Geradezu symptomatisch ist, dass die Obere Schurzelter Mühle während ihrer Geschichte unterschiedlich betrieben wurde und mal als Öl-, mal als Fell-, Nadelschleif-, Papier- oder Kupfermühle genannt wird. Erst mit dem bis heute prägenden Um- und Ausbau ab der ersten Hälfte des 19. Jahrhundert setzte sich bis weit ins 20. Jahrhundert hinein die ausschließliche Nutzung als Textilverarbeitende Fabrik durch. Der heutige Gebäudekomplex samt der umgebenden wassertechnischen Anlagen lässt die Entwicklung des bereits im 14. Jahrhundert nachweisbaren Mühlenstandortes und vor allem der Anlage ab der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts nachvollziehen. Zwar ist eine nennenswerte technische und maschinelle Ausstattung nicht mehr vorhanden. Eine Zuweisung der Bauten in die Produktionsabläufe sowie deren unterschiedliche Funktion ist jedoch anhand des Überlieferungszustandes und der vorliegenden Quellen überwiegend möglich und anschaulich. Ferner liegen für Erhalt und Nutzung vor: Wissenschaftliche Gründe: In den ältesten erhaltenen Bestandteilen des Gebäudekomplexes Ölmühle spiegeln sich regionale Architektur-Entwicklungen und handwerkliche Traditionen aus vergangener Zeit, insbesondere der Mitte des 19. Jahrhunderts. Während uns der Zustand der frühneuzeitlichen Mühle nicht oder nur vage aus Quellen und von Stichen bekannt ist, lassen sich an den Bestandsgebäuden um den Hof, insbesondere der südlichen und östlichen Gebäudeflügel, die frühen Um- bzw. Neubauten der Spinnerei-Manufaktur und die zeitgenössische Architektursprache ablesen.Das stattliche Gebäude an der Südostseite entspricht dem Typus eines Manufakturgebäudes aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, wie es sich in Aachen nur noch vereinzelt an ehem. Mühlenstandorten, z.B. im Mariental in Sief oder in Teile in der Schleifmühle in der Soers erhalten hat. Dieser Gebäudetyp zeichnet sich wie hier durch eine für die damaligen Verhältnisse großzügige Belichtung durch große Fenster in gleichmäßigen Achsen, Geschossgrundrisse mit je einem großen Werkraum, ehem. Vorrichtungen für Treibriemenantrieb, schwere Geschossbalkendecken mit eingestellten Stützen und Metallsprossenfenster aus. Bis zur Installation der Dampfmaschinen und des Baus der Kesselhäuser um 1900 wurde die Kraftübertragung möglicherweise noch durch ein Wasserrad am unmittelbar vorbeigeführten Mühlbach gewährleistet (vgl. auch die Disposition der ehem. Tuchfabrik Mariental). Neben der typischen Bauweise aus Back- und regionalem Mergelstein weisen die älteren Gebäudeteile zudem regionaltypische Konstruktionsdetails wie Mutter- und Kinderbalkenlagen sowie Dachstühle mit traditionellen Krummstreben und Bockstühlen auf. Diese Konstruktionsart wurde etwa ab der Mitte des 19. Jahrhunderts nicht weiter angewandt, so dass es sich hier um eines der spätesten Beispiele im Aachener Stadtgebiet handelt. Die jüngeren Ergänzungen, z.B. die Kesselhäuser oder die große Halle der Garnfärberei zeigen dann schon ingenieurmäßig zusammengefügte Dach- und Holzkonstruktionen. Im Übrigen zeigt der gesamte Gebäudekomplex anhand seiner Substanz die Entwicklung des Fabrikationsbetriebes und der notwendigen Gebäude, zeigt aber auch die Veränderungen architektonischer Ansprüche an die Werkbauten. So weisen die Gebäude aus dem 19. Jahrhundert z.T. durch ihre schlichten, meist regelmäßigen Fassaden, ihre Kubatur mit Mansard- und Satteldächern sowie durch ihre Anordnung um den Hof eine zurückhaltende Stattlichkeit auf. Die spätere Verdichtung und bauliche Verflechtung von älteren und jüngeren Gebäudeteilen v.a. nach Osten sowie die modernen Werkbauten des 20. Jahrhunderts bestärken dagegen den Charakter eines gewachsenen Industriebetriebes mit einem rein auf Funktionalität angelegten Schwerpunkt. Die verschiedenen Bauten zeigen somit die typische Fabrikarchitektur des jeweiligen Zeitalters. Die Architektur der vielerorts noch im Stadtbild oder in der Kulturlandschaft erhaltenen Manufakturen im Kontext der für Aachen wichtigen Textilherstellung ist bisher nur wenig erforscht. Der Standort der sog. Ölmühle ist seit über 500 Jahren durch die Nutzung der Wasserkraft geprägt, die seit 1842 bestehende und noch bis in die 1990er Jahre betriebene Textilfärberei bzw. Spinnerei gehörte zu den letzten derartigen Betrieben in Aachen. Der erhaltene Gebäudebestand stellt daher, unabhängig von der nur noch rudimentär erhaltenen betrieblichen Ausstattung, ein unverzichtbares Zeugnis für die Architekturgeschichte und die bauliche Entwicklung solcher Produktionsstätten dar. Städtebauliche Gründe: Die Mühle steht topografisch an einer Stelle, die die Nutzung der Wasserkraft optimal durch die Anlage des Grabens mit der notwendigen, möglichst gleichmäßigen Fließgeschwindigkeit ermöglichte. Darüber hinaus prägt der Gebäudekomplex "Ölmühle" das Stadt-und Landschaftsbild in diesem Talbereich sowie seine Gliederung und Silhouette maßgeblich. Der Mühlenkomplex grenzt an die gut erhaltene hist. Kulturlandschaft Seffent, zu der neben der gleichnamigen historischen Siedlung und der Seffenter Burg die Quelle des Wildbachs und die dem Bachlauf folgende Nutzung durch ursprünglich mehrere Mühlen gehört. Der Wildbach fließt schließlich weiter durch die Soers und war auch hier Energie- und Wasserlieferant für Mühlen und später v.a. Tuchverarbeitende Gewerbe. Von den ehem. Mühlenstandorten des Wildbach-Oberlaufs ist die ehemalige Ölmühle als einzige noch mit ihrem in der Landschaft wahrnehmbaren System aus Mühlgraben, Staubecken und Wehranlage als ehem. Wassermühle nachvollziehbar. Die Wasserführung und -nutzung ist trotz der späteren Umstellung auf Dampfmaschinen für den Betrieb der Wäscherei und Färberei noch von Bedeutung gewesen und daher nie ganz entfallen. Die umfangreiche Baugruppe der Spinnerei bzw. Färberei ist samt ehem. Wassersystem als historischer Produktionsstandort nachvollziehbar und in der Talsenke des Wildbaches als Bauwerk prägnant. In kurzer Distanz liegen mit dem denkmalgeschützten Gut Alt-Schurzelt und der historischen Ortslage Seffent weitere historische Ensembles vor, so dass hier insgesamt der Eindruck einer historisch geprägten Kulturlandschaft um Seffent und Schurzelt vorliegt. Die Voraussetzungen des § 2 Denkmalschutzgesetz Nordrhein-Westfalen für die Eintragung in die Liste der geschützten Denkmäler sind daher erfüllt.
Schutzumfang Gebäudeäußeres und -inneres wie beschrieben, separates Wohn- bzw. Wärterhäuschen, Bereich des ehem. Mühlengrabens mit Damm und Hubschütz. - Siehe Lageplan, der Bestandteil der Eintragung ist ?
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