Reihenhaus der Häusergruppe Im Johannistal 10, 12, 12a
Denkmalnummer 05334002 A 03670
Adresse Im Johannistal 12a
Koordinaten 293495 5628268
Eintragung 08.11.2023
Denkmalart Baudenkmal
Kataster Flurstück: Gem.: Aachen Flur: 18 Flurst.: 21
Merkmale Siehe gutachterliche Stellungnahme des LVR vom 30.04.2024.
Begründung Die Häusergruppe Im Johannistal 10, 12, 12a erfüllt im definierten inhaltlichen und räumlichen Umfang mit den oben beschriebenen wesentlichen charakteristischen Merkmalen die Voraussetzungen eines Baudenkmals im Sinne des § 2 Abs. 1, 2 Denkmalschutzgesetz NRW in seiner Fassung vom 13.04.2022 (DSchG NRW). An ihrer Er-haltung und Nutzung besteht in Gänze ein öffentliches Interesse, denn sie ist bedeutend für die Geschichte des Menschen sowie für Städte und Siedlungen und es besteht ein Interesse der Allgemeinheit an ihrer Erhaltung und Nutzung aus wissenschaftlichen, hier insbesondere architekturhistorischen Gründe. Bedeutend für die Geschichte des Menschen und für Städte und Siedlungen: Die Häusergruppe Im Johannistal 10, 12, 12a ist bedeutend für die Geschichte des Menschen als sehr anschauliches Zeugnis eines der wichtigsten sozial- und gesellschaftspolitischen sowie städtebaulichen Themen der 1920er und 1930er Jahre: Die Bewältigung eines bereits seit dem späten 19. Jahrhundert als Folge insbesondere der Industrialisierung akuten Mangels an bezahlbaren Wohnraum für Bevölkerungsschichten mit geringem Einkommen. Dieser Aufgabe kam in der Zeit zwischen den beiden Weltkriegen im politischen und architektonischem Diskurs und Handeln ein besonders hoher Rang zu. So wurde zum Beispiel das Recht auf eine gesunde Wohnung für Alle im Artikel 155 der Weimarer Verfassung zum Staatsziel erhoben, und ab 1924 unterstützte der Staat auf Länderebene den Wohnungsbau, indem er über die Hauszinssteuer Fördergelder für den sozialen Wohnungsbau ausschüttete. Das Thema des Wohnungsbaus war dabei eng mit Theorie und Entwicklung der progressiven Architekturströmung des so genannten Neuen Bauens verbunden. Parallel zur kommunalen sozialen Baupolitik der 1920er und 1930er Jahre, die überwiegend mit größeren Wohnsiedlungsprojekten realisiert wurde, entwickelten sich auch im privaten Bausektor Initiativen für den Bau kleiner, preisgünstiger Wohnungen und Einfamilienhäuser. Hierfür ist die Häusergruppe Im Johannistal 10, 12, 12a ein besonders anschauliches Beispiel. Sie ist zudem bedeutend für Städte und Siedlungen, als Zeugnis für die erst in im Wesentlichen seit den 1920er Jahren vorgenommene Stadterweiterung Aachens westlich und südwestlich des mittelalterlichen Mauerrings entlang der großen Straßenachsen Vaalser Straße und Lütticher Straße. Dieser stadtbaugeschichtliche Zeugniswert der Häusergruppe Im Johannistal 10, 12, 12a ergibt sich insbesondere aus dem Zusammenhang mit der anschließenden Bebauung der Straße welche in weiten Teilen noch aus den späten 1920er und 1930er Jahren stammt und, späterer Verän-derungen zum Trotz, auch heute noch den maßgeblichen Ausbau der Straße in dieser Zeit bezeugt. Erhaltenswert aus wissenschaftlichen, hier architekturhistorischen Gründen: Die Erhaltung und Nutzung der Häusergruppe Im Johannistal 10, 12, 12a ist aufgrund ihrer wissenschaftlichen, hier architekturhistorischen Bedeutung im Interesse der Allgemeinheit. Die zumeist in kommunaler oder genossenschaftlicher Trägerschaft als Antwort auf eine große Knappheit an Wohnraum für Bevölkerungsschichten mit geringem Einkommen entstandenen Wohnsiedlungen der 1920er und 1930er Jahre waren und sind immer wieder Gegenstand architekturhistorischer Forschung. Sie sind zudem, nicht zuletzt wegen ihrer Größe und oft markanten städtebaulichen Inszenierung auch im allgemeinen Bewusstsein der jeweiligen Stadtbevölkerung sehr präsent. In Aachen könnte man hierfür als Beispiel die 1929 - 1931 errichtete Siedlung Panneschopp nennen. Solche Siedlungen haben daher auch schon seit Längerem Eingang in die Denkmallisten des Landes Nordrhein-Westfalen gefunden. Eine weitere ebenfalls architekturhistorisch gut bekannte, wenn auch im Vergleich zu den Siedlungen weitaus weniger öffentlichkeitswirksames Gruppe an Wohnungsbauten der 1920er und 1930er Jahre sind die Häuser wohlhabenderer bürgerlicher Schichten. Die 1933 auf Initiative des Architekten Hermann Kremers am Preusweg in Aachen errichtete Bautengruppe aus vier Doppelhäusern (36 - 46) sowie das 1934 - 1935 von demselben Architekten errichtete Wohnhaus Mainzer (Hasselholzer Weg 202) sind gute Beispiel für diese Gruppe, die ebenfalls bereits zahlreich Eingang in die Denkmallisten gefunden hat. Weniger bekannt und in der architekturhistorischen Forschung bisher noch nicht systematisch untersucht ist hingegen der privatwirtschaftlich, zum Beispiel von Architekten initiierte Wohnungsbau für eine Klientel mit vergleichsweise bescheidenen finan-ziellen Mitteln. Vor dem Hintergrund der oben skizzierten großen historischen Bedeutung des Wohnungsbaus und der Wohnungsbaupolitik der 1920er und 1930er Jahre in Deutschland stellt diese Lücke ein nicht zu unterschätzendes Forschungsdesiderat dar. Wie die dankenswerterweise von Prof. Dr. Ing. Daniel Lohman (TH Köln) zur Verfügung gestellten Recherchen zu vergleichbaren Wohnungsbauprojekten des Architekturbüros Goebbels und Dominick in Aachen zeigen, ist die Häusergruppe Im Johannistal 10, 12, 12a erhaltenswert als sehr gut aus der Bauzeit überlieferte Sachquelle zur Erforschung der oben genannten architekturhistorischen Fragestellung. So realisierten Goebbels und Dominick in Aachen unter anderem in der Dr.-Hahn-Straße und der Malmedyer Straße, zumeist wohl zusammen mit privaten Bauherren, eine große Zahl kleiner Einfamilienreihenhäuser. Diese Häuser sind allerdings zum Teil deutlich weniger an Gestaltungsideen des Neuen Bauens orientiert als die Häusergruppe Im Johannistal 10, 12, 12a. So sind die als Doppelhäuser charakterisierten Reihenhäuser in der Dr.-Hahn-Straße zweigeschossig mit ausgebauten Dachgeschoss und symmetrischen Satteldächern, in der Art wie es auch die überlieferte, nicht ausgeführte Planung für das Haus Im Johannistal 12 zeigt. Bei den Häusern in der Dr.-Hahn-Straße, die den oben zitierten Anzeigentexten des Architekturbüros zufolge in etwa zeitgleich mit den Bauten in der Straße im Johannistal entstanden sein müssen, finden sich vergleichbare charakteristische Elemente zur Betonung der horizontalen Gliederung wie bei der Häusergruppe Im Johannistal 10, 12, 12a: Schmale Gesimse, die über die ganze Breite des Erdgeschosses durchlaufen und so die benachbarten Häuser miteinander verbinden sowie schmale außenliegende Fensterbänke mit einem ebenfalls die Horizontale betonemde Metallgitter, welche jeweils die Fenster der Obergeschosse zu einer an der Mittelachse ausgerichteten Dreiergruppe zusammenfassen. Die Wohnungsbauten in der Malmedyer Straße welche ebenfalls als Doppelhäuser charakterisiert sind, haben auch das für die Häusergruppe im Johannistal 10, 12, 12a charakteristische asymmetrische Satteldach. Die Annäherung an das Erscheinungsbild von Flachdachbauten - eines der charakteristischen Elemente im Formenkanon des Neuen Bauens - ist allerdings in der Häusergruppe Im Johannistal 10, 12, 12a noch deutlicher ausgeprägt als bei den Häusern von Goebbels und Dominick in der Malmedyer Straße. Die Häuser in den beiden Straßen zeigen zudem noch die Ausei-nandersetzung mit weiteren charakteristischen Gestaltungsmerkmalen des Neuen Bauens: Anstelle der bis dahin verbreiteten axialen Anordnung der Fenster, werden diese entsprechend ihrer Funktionen individuell über die Fassade verteilt oder, wie hier, zu Gruppen zusammengefasst. Auf diese Weise wird der Charakter der Fassadenflächen beziehungsweise der Baukörper als große rechteckige beziehungsweise kubische Einheit betont. Durch die Zusammenfassung zu Gruppe ergeben sich bei der Häusergruppe Im Johannistal 10, 12, 12a größere Abstände zu den Kanten als bei einer axialen Anordnung der gleichen Anzahl von Fenstern. Hervorgehoben werden zudem nicht vertikale, sondern horizontale Gliederungselemente, wobei diese so schmal profiliert werden, dass sie das flächigkubische Gesamtbild nicht abschwächen, sondern eher noch hervorheben. Im Vergleich mit den bisher erwähnten Wohnbauten von Goebbels und Dominick ist diese Gestaltungsweise bei der Häusergruppe Im Johannistal 10, 12, 12a am klarsten ausgeprägt, da der Eingangsbereich nicht mit Hilfe eines leicht vorspringenden Erkers, sondern durch die Kombination einer leicht zurückversetzten Türöffnung und dem Vorsprung des schmalen Gesimsbandes gebildet wird. Das flächige Erscheinungsbild der Fassade wird also durchgängig bewahrt. Hervorgehoben wird das Erdgeschoss dennoch: Durch die Tür und Fenster begleitende Natursteinverkleidung. Dieses besondere Gestaltungelement fehlt bei den hier betrachteten anderen Bauten von Goebbels und Dominick. Zusammenfassend lässt sich also sagen, dass die Häusergruppe Im Johannistal 10, 12, 12a insbesondere an ihrer Straßenfassade auf besonders anschauliche Weise eine bis ins Detail sorgfältig durchgestaltende Auseinandersetzung mit Gestaltungsideen des Neuen Bauens zeigt. Bei der Raumaufteilung hingegen wird das seit dem späten 19. Jahrhundert etablierte Programm des bürgerlichen Wohnhauses wiederaufgenommen: Im Erdgeschoss finden sich die durch eine Schiebetür getrennten Gemeinschafts- beziehungsweise Gesellschaftsräume Ess- und Wohnzimmer. Die Küche ist davon separiert. Angesichts der geringen Größe der Küche war diese wohl nicht wie bei vielen Siedlungsprojekten der 1920er Jahre üblich in der Form der Wohnküche ausgeprägt, von der Loggia oder Balkon zugänglich waren. Im Sinne der hohen Bedeutung zeitgenössischer Hygienevorstellungen im Wohnungsbau, wie sie unter anderem in der oben zitierten Artikel 155 der Weimarer Verfassung Niederschlag fanden, kam der optimalen Besonnung und Belüftung der Wohnung und damit Elementen wie Balkon, Loggia oder Wintergarten eine zentrale Rolle zu. Balkon und Loggia wurden dabei zum Standard, um diese Ideen umzusetzen. In diesem Sinne wurden auch die drei Häuser Im Johannistal 10, 12, 12a mit direkt vom Wohnraum zugänglichen Wintergärten versehen und von diesem aus der Zugang zum Garten ermöglicht. Zudem erhielt auch das Obergeschoss mit den Schlafzimmern und Badezimmer ein Balkon. Bei vergleichbaren Typen von Wohnungsbauten finden sich Balkon, Wintergarten sowie ein direkter Gartenzugang von der Wohnung aus in der Zeit bis zum Ersten Weltkrieg nur sehr selten. Erst in der Zwischenkriegszeit entwickelten sich diese Elemente des Wohnungsbaus angesichts des hohen Ranges der seinerzeit verbreiteten Hygienevorstellungen zu einem weit verbreiteten Standard. Aus dem bisherigen Ausführungen geht also hervor, dass die Häusergruppe Im Johannistal 10, 12, 12a, als Zeugnis sowohl für einen an den Bedürfnissen weniger einkommensstarker Bevölkerungsschichten orientierten Wohnungsbau als auch als Zeugnis für die Auseinandersetzung mit den Ideen des neuen Bauens im Bereich dieser Bauaufgabe architekturhistorisch bedeutend ist und daher ein Interesse der Allgemeinheit an ihrer Erhaltung und Nutzung besteht.
Schutzumfang Der Denkmalumfang umfasst die Gebäudegruppe als Ganze vollumfänglich in Substanz und Erscheinungsbild. - Siehe gutachterliche Stellungnahme des LVR vom 30.04.2024 sowie Lageplan, die Bestandteile der Eintragung sind -
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