Merkmale | Erbaut 18./19. Jahrhundert; zweigeschossiges Wohnstallhaus aus Bruchstein mit älterem Fachwerk-Kern; Fenster mit Blaustein- und Backsteingewänden, giebelseitig mit Stichbogen; Wohnhaus zweigeschossig in 5:2 Achsen, über der Haustür eine Figurennische, nach Nordwesten in gleicher Kubatur als ehem. Wirtschaftstrakt verlängert; Giebelseite mit historischen Holzfenstern (aufgearbeitet); geschlossene Satteldachfläche mit Hohlziegeldeckung. Innen: Raumstruktur und Holzkonstruktion mit Fachwerk weitgehend nachvollziehbar erhalten; Eingangsbereich Wohnhaus z.T. mit Hohlkehlendecke, Boden mit Blausteinplatten (z.T. ergänzt), einfach gewendelter Holztreppe mit profiliertem Anfänger und gedrechselten Geländerstäben; Geschossdecken mit Kinderbalken in EG und OG, im Eckraum neben Küche verputzt. Bauzeitliche Dachwerkkonstruktion über Wohnhaus und ehem. Heuboden weitgehend erhalten.
Nach Nordosten kleiner einhüftiger Stall-Anbau mit Pultdach und Fenster mit Holzblockzargen, Hohlziegeldeckung, innen verändert. |
Begründung | Das Objekt ist bedeutend für die Geschichte der Menschen und für Städte und Siedlungen. Für seine Erhaltung und Nutzung liegen wissenschaftliche und städtebauliche Gründe vor.
Bedeutung für die Geschichte des Menschen und der Städte und Siedlungen:
Die Ortschaften im ländlichen Raum um Aachen waren lange geprägt durch einfache Wohn- oder Wohnstallhäuser, Winkelhöfe und, meist räumlich separiert, größere Einzelgehöfte. Die meisten Wohnhäuser vereinten Wohnen und Wirtschaften unter einem Dach und dienten somit der Selbstversorgung oder wirkten als kleiner landwirtschaftlichen Betrieb. Das Gebäude Knipp 3 ist ein zweigeschossiges Wohnstallhaus in Bruchstein mit Satteldach, welches in seiner äußeren Gestalt und Materialität das regionale, ländliche Bauen zwischen dem 18. und 19. Jahrhundert verkörpert. Seine Funktion und ehem. Mischnutzung von Wohnen und Wirtschaften kann als charakteristisch für die Haustypen in südlichen Aachener Raum und die Lebens- und Wirtschaftsverhältnisse seiner Bewohner gelten. Im hier vorliegenden Fall zeigt das Gebäude Knipp 3 durch seine Bauphasen vom vermutlich 17. bis zum 19. Jahrhundert und den nachträglich angefügten Wirtschaftstrakt exemplarisch den Wandel der Nutzungsansprüche im Laufe der Zeit.
Ferner liegen für Erhalt und Nutzung vor:
Wissenschaftliche, hier insbesondere architekturgeschichtliche und gefügekundliche Gründe:
Das Gebäude ist ein wichtiges Zeugnis für die frühneuzeitliche Fachwerkarchitektur und Handwerkstradition in der Region. Obgleich die Fassaden im Laufe der letzten ca. 250 Jahre in Bruchstein erneuert wurden, zeigt doch das Innere mit dem erhaltenen Fachwerkgefüge, den Deckenkonstruktionen mit sog. Mutter- und Kinderbalken sowie dem Dach mit Bockstuhl und überkämmtem Längsverband noch wesentliche Merkmale der frühneuzeitlichen Zimmermannstechnik, die der westlichen bzw. niederländischen Abbundtradition folgt. Die davon etwas jüngere Konstruktion im ehem. Heuboden zeigt davon abweichende Details mit eingehälstem Querbalken und einer Längsaussteifung nur über Kopfstreben. Die Konstruktion sowie ihre Holzverbindungen und Abbundzeichen dienen als grundlegende Quelle für die Gefügekunde.
Der wohl ab dem 18. Jahrhundert einsetzende, sukzessive Umbau bzw. die "Versteinerung" des Fachwerkbaus ist ein typisches Phänomen der Region, dem zahlreiche Fachwerkbauten unterlagen. Wissenschaftlich ist dieser Prozess und die möglichen beeinflussenden Faktoren, z.B. Brandschutzverordnungen, wachsender Wohlstand, verfügbares Material etc. noch nicht vollständig erfasst und ausreichend bearbeitet.
Mit den v.a. an den Bruchsteinfassaden ablesbaren Bauphasen einher gehen veränderte Wohnansprüche und Nutzungen zwischen dem 18. und 20. Jahrhundert, durch die das ursprünglich kleinere Gebäude um fast das Doppelte erweitert wird. Die Änderungen, welche Ende des 19. Jahrhunderts vorgenommen werden und z.B. Fenstergewände, Öffnungen oder den Einbau einer zweiläufigen Treppe mit Geländer und Hohlkehlendecken betreffen, zeigen die Anpassung an zeitgenössische Wohnansprüche. Zu den historischen Umgestaltungen gehören auch die zweiflügeligen Holzfenster mit Oberlicht an der Giebelseite und die regional typische Hohlziegeldeckung mit nahezu geschlossener Dachfläche. Der große Heuboden und der winkelförmig und einhüftig angeschlossene ehem. Stall sind hier deutliche Hinweise auf eine jüngere, stärker landwirtschaftliche Nutzung des Gebäudes. Dies zeigt sich auch anhand der hier zusätzlich vorhandenen (Stall-)Türen und ehemaligen Luken mit Schlagladen. Die aufeinanderfolgenden Bauphasen zeigen in exemplarischer Weise den Wandel eines frühneuzeitlichen Fachwerkhauses zum Wohnstallhaus in regional typischer Bruchsteinbauweise.
Städtebauliche Gründe:
Das Haus Knipp 3 gehört zum historischen Ortsbild von Hahn. Unter anderem aufgrund der geringen Schäden des 2. Weltkriegs hat sich hier die ländlich geprägte Bebauung und Dorfstruktur gut erhalten. Dies zeigt sich auch anhand der zahlreichen, denkmalgeschützten Gebäude in diesem Bereich. Die Bebauung ist geprägt durch kleinere Wohn- und Wohnstallhäuser sowie einzelne kleinere Hofanlagen v.a. des 18. bis Anfang des 20. Jahrhunderts, errichtet vorwiegend in Kalk-Bruchstein. Das hier vorwiegend verwendete typische Baumaterial, nämlich Kalkstein, ist zugleich ein Hinweis auf die lokalen geologischen Gegebenheiten, welche auch in Form des Kalksteinabbaus den Ort und die Region lange Zeit wesentlich geprägt haben.
Die Voraussetzungen des § 2 Denkmalschutzgesetz Nordrhein-Westfalen für die Eintragung in die Liste der geschützten Denkmäler sind daher erfüllt. |