Aachener Dom St. Marien und umgebende Bauten
Denkmalnummer 05334002 A 00001
Adresse Domhof 1; Domhof 5; Johannes-Paul-II.-Straße 15; Katschhof 2; Ritter-Chorus-Straße 7
Koordinaten 294406 5628831
Eintragung 19.07.1982
Denkmalart Baudenkmal
Kataster Flurstück: Gem.: Aachen Flur: 83 Flurst.: 1757, 1759, 1760, 1761, 1762, 1765, 2129, 2406, 2407, 651
Merkmale I) Marienkirche: Zentralbau (B) und Westbau (C) um 795 - um 803 mit späteren Ergänzungen: Hohes, überwölbtes Achteck mit sechzehneckigem Umgang von zwei Geschossen, umgeben von späteren Kapellenanbauten; Westbau mit flankierenden Treppentürmen, barocker Vorhalle und neugotischem Turmaufsatz. Mauerwerk des karolingischen Baus aus Grauwacke, Travertin und zweitverwendetem römischem Quadermaterial, versetzt und ehem. verputzt mit rötlichem Ziegelsplittmörtel, erstellt unter Nutzung von römischem Ziegelmaterial (Putz entfernt bei der Restaurierung des 19. Jhs.). Klostergewölbe der Kuppel und karolingische Wölbungen der Umgänge und des Westbaus aus Travertin gemauert, Kuppelkonstruktion und Außenwände des Sechzehnecks mit eiserner Ringverankerung, innovative Bautechnik mit schnell abbindendem Ziegelsplittmörtel, gezielter Steinverwendung für unterschiedliche Bereiche (Außenmauern, Gewölbe). Oberhalb des Klostergewölbes barocker Dachstuhl aus Eichenholz. Sechzehneckiger Umgang mit Rundbogenfenstern in beiden Geschossen und einem auf Konsolen liegenden, profilierten Traufsims sowie bleigedecktem Pultdach. Oktogon ebenfalls mit Rundbogenfenstern, Pilastern mit korinthischen Kapitellen und einem umlaufenden verkröpften Gesims, bekrönt von dem im 19. Jh. erneuerten Tambourgeschoss mit Giebeln sowie der hohen barocken bleigedeckten Faltkuppel mit offener Laterne. Die beiden unteren Geschosse und flankierende Treppentürmchen des Westbaus gehören zum karolingischen Bestand, die Westfassade dominiert von einer hohen Rundbogennische; im urspr. offenen Zugang der Vorhalle ein dreiseitig vortretender Portaleinbau von 1788 mit der karolingischen Bronzetür (sog. Wolfstür). In der Westkonche oberhalb des Vorbaus ein kleines karolingisches Rechteckfenster und ein breites dreiteiliges Maßwerkfenster von 1305. Die neugotischen Aufbauten 1879-84 nach Entwurf von Hugo Schneider mit umlaufender Galerie und anschließender Brücke zum Oktogon zur Schau der Heiligtümer, flankiert von den kapellenartigen Heiltumskammern auf den Treppentürmen, hohem Glockengeschoss und von Ecktürmchen umstandenem, schiefergedecktem Spitzhelm. Innenraum: Der hohe achteckige Mittelraum durch ein Klostergewölbe geschlossen. Die beiden Geschosse des sechzehneckigen Umgangs durch ein weit auskragendes Gesims voneinander abgesetzt, im Erdgeschoss durch Arkaden auf schweren gewinkelten Pfeilern mit fein profilierten Kämpfersimsen zum Oktogon geöffnet, im Obergeschoss durch hohe Rundbögen. In diese eingestellt doppelte Säulenstellungen ohne tragende Funktion, dazwischen karolingische Bronzegitter. Die Säulen urspr. antike Spolien, die Karl der Große der Überlieferung nach aus Rom und Ravenna herbeischaffen ließ, beim Wiedereinbau im 19.Jh. zum großen Teil erneuert. Alte Säulenschäfte aus Granit und grauem Marmor im Nord-, Ost- und Südjoch sowie im unteren Westjoch, original außerdem die beiden oberen Kapitelle im Nord- und Südjoch sowie vier Kapitelle der 1899/1900 eingebauten Arkade zur Kaiserloge. Zwei grüne Porphyrsäulen, karolingische Bronzebasen sowie Kapitelle und weitere Spolien heute im Lapidarium im Kreuzgang aufgestellt. Umgang im Erdgeschoss mit drei- und vierteiligen Gratgewölben; oberer Umgang durch Scheidbögen, genischte Außenwände und zum Mittelraum ansteigende Tonnengewölbe gegliedert. Der Wortlaut der im 19. Jh. als Mosaik erneuerten Bauinschrift im Inneren des Oktogons wird Alkuin zugeschrieben und bezieht sich auf das perfekte Baukonzept. Im Osten ersetzt die gotische Chorhalle den urspr. zweigeschossigen karolingischen Rechteckchor. Im Westen schließt sich die Vorhalle bzw. im Obergeschoss die sog. Kaiserloge mit 1899/1900 eingebauter Arkade an den Umgang an, vor der auf der Empore der Thron steht. Seitliche karolingische Treppentürme des Westbaus mit steinernen Wendeltreppen, gemauertem steigendem Tonnengewölbe, schmalen Schlitzfenstern und kleinen Kuppeln aus Travertin als oberem Abschluss. Nördlicher Treppenturm im Obergeschoss mit Zugang zum sog. karolingischen Zimmer (karolingische Holztür 1902 innerhalb des Durchgangs in ihrer Position versetzt, 1912 ausgebaut, heute in der Domschatzkammer), kleiner annähernd quadratischer Raum mit Tonnengewölbe und dreiteiligem Fenster mit Mittelstütze zum Atrium. Die seitlichen Wendeltreppen enden mit Zugängen ins Turmzimmer ("Gipskammer") des neugotischen Turmaufsatzes, von dem eine Holztreppe ins obere Turmgeschoss führt. Oberes Turmzimmer mit westlicher Galerie zum Atrium hin und östlichem Zugang zur Brücke in den Dachbereich des Oktogons. Zu den neugotischen Aufbauten gehören auch die zweigeschossigen Turmkapellen auf den Treppentürmen, die obere Südkapelle im Zweiten Weltkrieg zerstört und zu Beginn der 1960er Jahre rekonstruiert. Untere Turmkapellen mit niedrigem Gewölbe, bis zum Sockel durchlaufenden Rippen und schmalen Kleebogenfenstern, die oberen etwas reicher gestaltet mit Gewölberippen auf Konsolen und breiteren Maßwerkfenstern mit profilierten Einfassungen, kleines Chörlein mit Blendmaßwerk und dreibahnigem Maßwerkfenster im Osten der oberen südlichen Turmkapelle. Marmorverkleidung von Pfeilern und Wänden sowie die Mosaizierung aller Gewölbe und des Tambours von Ende 19./Anf. 20. Jh.: Kuppelmosaik von Jean-Baptist Béthune, 1880/81, Darstellung der 24 Ältesten vor dem Thron des apokalyptischen Gottes, freie Nachschöpfung eines durch Zeichnungen aus dem 17. Jh. belegten Mosaiks, mittlere Rosette 1902 von Schaper ausgewechselt. Die übrigen Mosaiken von Hermann Schaper nach byzantinischen und frühmittelalterlichen Vorbildern, im Tambour Apostel und die Deesis, flankiert von den Erzengeln Gabriel und Michael sowie den knienden Figuren Karls des Großen und Papst Leos III., in den Umgängen ornamentale und symbolische Darstellungen, in der Kaiserloge die Madonna. In einer vermauerten Fensternische des oberen Umgangs (südlich neben der Chorhalle) Reste einer karolingischen oder ottonischen Ausmalung. Zur Schaper?schen Ausstattung aus der Zeit um 1900 gehören auch die Fußbodenmosaiken von Oktogon, oberem Umgang und Kaiserloge, die ornamentalen Fenster aus Bronze mit Antikglas im Oktogon und Sechzehneck sowie Türen und Alabasterlampen. Im oberen Umgang Reste des karolingischen Fußbodenbelags aus spätantiken Stift- und Plattenmosaiken, im unteren Umgang Blausteinboden. Fensterverglasung in der barocken Vorhalle von Ludwig Schaffrath, 1997 ("Sternenweg Karls des Großen"), Verglasung westliches Maßwerkfenster von Ewald Mataré, 1952-54 (Glasflusskristalle, Antikglas, Glasbrocken, Gusseisen), Fensterverglasung im Turmgeschoss von Monika Rütten, 1989 ("Sieg des Lichts über die Dunkelheit"). In den Turmkapellen vier Fenster mit Darstellung der vier Heiligtümer in aufgefaltetem Zustand von Felix Kreusch (südliche Turmkapelle: Fenster des Chörleins nach Osten und gegenüberliegendes Fenster nach Westen; nördliche Turmkapelle zwei westliche Fenster), außerdem östliches Fenster in der nördlichen Turmkapelle zusammengestellt aus Resten der alten Verglasung, restliche Fenster mit Bleiverglasung in Rautenmuster. Ausstattung: Goldene Altartafel (Pala d?Oro), Goldener Ambo, Barbarossa-Leuchter sowie Pinienzapfen und sog. Wölfin in der Vorhalle sind im Katalog des Aachener Domschatzes von E. G. Grimme ausführlich beschrieben, auf den an dieser Stelle verwiesen wird (siehe unten unter Domschatz). Hauptaltar/Marienaltar, aus karolingischen Marmorplatten und der Mensa wohl des ehem. Allerheiligenaltars 1951 zusammengesetzt und in der Mitte der Chorhalle aufgestellt, seit 1972 im östlichen Joch des Oktogonumgangs an der Stelle, die der Altar des merowingischen Vorgängerbaus und der karolingische Hauptaltar eingenommen hatten. Bronzetüren, sog. Wolfstür und drei kleinere Türflügelpaare, Bronzeguss, Aachen, Ende 8. Jh.; Reste der Gussformen, Schlacken und Scherben 1911 im Katschhof gefunden. Der Guss der Türflügel in einem Stück im Gegensatz zur Einteilung in Kassetten, schmucklose Felder mit ornamentierten Rahmen, deren Profile, Eierstab-, Perlstab- und Blattzungenfriese antike Vorlagen variieren. Löwenköpfe gesondert gegossen und mit Nieten befestigt. Die Wolfstür im spätbarocken Portaleinbau des Westbaus war urspr. als Eingangstür zwischen der ehem. offenen Vorhalle und dem Umgang des Zentralbaus eingesetzt. Die kleinen Türen zur Hubertus-, Karls- und Annakapelle führten ehem. von beiden Geschossen des Umgangs zu den Annexbauten der Pfalzkirche. Bronzegitter, Hohl- und Massivguss gleicher Legierung wie die Türflügel, Ende 8. Jh. Das Gitter vor dem Thron in der westl. Emporenarkade heute fünfteilig mit einer Öffnung in der Mitte, in der östl. Arkade dreiteilig, evtl. auch umgekehrt; alle übrigen vierteilig, auch ihre Anordnung verändert. Wechselnde Gitterformen und architektonische Gliederung; Pilaster und Gebälk mit Akanthusranken bzw. durchbrochenes Rahmenwerk mit Blatt- und Volutenstauden. Thron im westl. Emporenjoch, parischer Marmor, Kalkstein, Holz, seit der Krönung Ottos I. 936 an dieser Stelle nachgewiesen; nach jüngsten Untersuchungen möglicherweise schon Ende 8. Jh. aufgestellt, Krönungssitz der deutschen Könige 936 - 1531. Sechs Stufen in Analogie zum Thron Salomonis führen hinauf zu einer von vier urspr. freistehenden Steinsäulen getragenen, profilierten Kalksteinplatte mit dem Thronsitz aus weißen Marmorplatten, die von Messingklammern zusammengehalten werden. Die Anf. 19. Jh. abgerundete Lehne urspr. mit trapezförmigem Abschluss. Die mutmaßliche Herkunft der antiken Platten von den heiligen Stätten in Jerusalem verlieh ihnen Reliquiencharakter. Treppenaufbau zum Thron mehrfach geändert (1899-1936). Der Kastensitz aus Holz erneuert (originale Bretter ausgestellt im Centre Charlemagne am Katschhof); ehem. war wohl die Stephansbursa darin verwahrt (heute im Kunsthistorischen Museum Wien). An der Rückseite des Throns seit 1305 der Nikasius-Altar. Unter dem Thron ist ein Stück originaler karolingischer Mosaikfußboden erhalten. Orgel im oberen Umgang zwischen Oktogon und Chorhalle, erbaut 1938/39 durch Johannes Klais unter Verwendung von Teilen der durch Wilhelm Korfmacher im Jahre 1847 umgebauten Vorgängerorgel, 1991-93 die Mechanik der Klais-Orgel-Hauptwerke erweitert; Hauptwerke mit schlicht kassettierten Prospekten aus der Bauzeit, 1992 die beiden ursprünglich im Oktogon vorhandenen sog. Schwalbennester demontiert und in die heutigen drei Orgeltürme (zwei seitliche Pedalwerke und mittleres Hauptwerk) zur Chorhalle teilweise integriert; 2018 Restaurierung und Erweiterung durch Streich-, Flöten- und Zungenregister Tuba. Westbau: Glocken, Geläut mit acht Glocken im Glockenstuhl des Turmes, 1656 durch den Aachener Glockengießer Franz von Trier und seinen Sohn Jakob gegossen, erneuerte Marienglocke von 1958 aus der Glockengießerei Petit und Gebr. Edelbrock. Abgüsse von Bauplastik (u.a. von den karolingischen Kapitellen des Oktogons aus dem Jahr 1907) in der sog. "Gipskammer" im zweiten Obergeschoss und in der unteren nördlichen Turmkapelle. Turmuhrwerk von 1918 in der unteren südlichen Turmkapelle. Chorhalle (E), 1353/55 - 1414: Einschiffige, in schlanke Pfeiler und Glasflächen aufgelöste Halle ("Glashaus von Aachen", Bautypus der sog. Capella vitrea), die nach Abriss des karolingischen Rechteckchors und von Teilen des Ostjochs an den Zentralbau anschließt, bestehend aus zweijochigem Langchor mit Kreuzrippengewölbe und polygonalem, leicht auskragendem, zentralisierendem Chorschluss aus neun Seiten eines Vierzehnecks, der die Maße des Oktogons aufgreift. Quadermauerwerk aus Herzogenrather Sandstein über einem Sockel aus Aachener Blaustein, Mauerwerk der Gewölbe aus Mergel. Hohe Strebepfeiler mit Wasserschlägen, zwischen denen sich ansatzlos große spitzbogige Maßwerkfenster öffnen, deren mit Dreipässen und Rosetten besetzte Spitzbögen bis an das Traufgesims reichen. Statische Konstruktion mit sechsfacher U-förmiger Eisenringverankerung, die durch Strebepfeiler, Fenstermaßwerk und Mauerwerk gelegt sind, und vier freiliegenden Querankern, die in Nord-/Südrichtung durch den Innenraum der Chorhalle führen. Spätgotische Sonnenuhr an einem Pfeiler der Südseite (Pfeiler 5a) oberhalb des Kaffgesimses. In den Langchorfenstern fünfteiliges, am Polygon zweiteiliges neugotisches Maßwerk, das sechsteilige Maßwerk der beiden westl. Fenster von 1979/80. An den Pfeilern über dem dritten Wasserschlag paarweise Blattkonsolen und mächtige Fialbaldachine für ein urspr. möglicherweise nicht ausgeführtes Skulpturenprogramm; die Figuren u. a. des himmlischen Hofstaats Mariens um 1873 von Gottfried Götting, der zwischen 1865 und 1876 insgesamt 94 Außenstatuen für die Chorhalle, Anna-, Matthias- und Hubertus/Karlskapelle schuf (77 Gipsmodelle dazu 2018 in den Dom zurückgeführt). Wasserspeier zum Teil noch original, obere Fialaufsätze der Pfeiler und Traufbrüstung im 19. Jh. und nach dem Zweiten Weltkrieg erneuert; barockes, schiefergedecktes Dach mit 1914 aufgesetztem Firstkamm aus Kupferblech, Dachstuhl aus Eichenholz. Innenraum: Hohe Fensteröffnungen setzen auf der Sohlbank der Sockelmauer an und nehmen die gesamte Breite zwischen kräftigen Bündelpfeilern ein. Im Polygon steigen die alten Dienste vom Boden (Bodenniveau ursprünglich ca. 80 cm tiefer, heute verfüllt), in den Jochen alle Dienste von der Sohlbank auf und werden absatzlos in Gurtbögen und Gewölberippen fortgeführt. Die Gewölbe geschlossen durch acht vergoldete Schlusssteine mit den Darstellungen eines Bischofs, eines Papstes (Leo III.), Karls des Großen mit einem Modell des karolingischen Baus, Marias, des auferstandenden Christus sowie Engeln. An den Pfeilern auf von musizierenden Engeln getragenen Konsolen 14 etwa lebensgroße Standfiguren aus Baumberger Sandstein unter hohen, von Fialen bekrönten Baldachinen, 1430 aufgestellt, farbige Fassung von 1849-51, ein Apostelzyklus, der im Chorscheitel um die Gottesmutter als Himmelskönigin und Karl den Großen mit einem Modell der Chorhalle erweitert wurde. Wohl im Zusammenhang mit den nachträglich versetzten Konsolen wurde die Sockelmauer noch während des Baus zweimal erhöht; die zunächst aufgesetzte Maßwerkblende ist unterhalb der Figur Karls freigelegt. Auf den in der Folge stark vergrößerten Wandflächen Reste von Wandmalereien aus dem 15.-17. Jh. An den Polygonwänden fragmentarisch Teppichmalerei und ein Schriftband, um 1430. Aus der gleichen Zeit an der Westarkade zum Zentralbau Reste einer Verkündigungsszene, die ehem. als Reliefs eingesetzten Hauptfiguren, Engel und Maria, fielen wohl dem Einbau der Marienkapelle Mitte 15. Jh. zum Opfer. Reste eines umlaufenden Malereizyklus, 1486 dat. und von Kaiser Friedrich III. wohl anlässlich der Krönung seines Sohnes Maximilian gestiftet; an den Längswänden urspr. jeweils sechs Szenen eines Marienzyklus (an der Südwand nur Reste der Marienkrönung), im Polygon von einer Folge hl. Stifter Kunigunde und Heinrich II. sowie Helena und Karl der Große an der Nordseite erhalten, ferner in urspr. vier Wandfeldern das Aachener Stiftswappen; im Zuge einer Erneuerung 1622 vor allem die Gemälde im Polygon erheblich übermalt. Weitere Malereien (Kreuzigungsgruppe, Christus wandelt auf dem Meer, Christophorus) wohl aus derselben Zeit sowie vom Ende des 17. Jhs. Unterhalb der Malereien an den Längswänden Ritzzeichnungen, um 1400, größtenteils vom Chorgestühl verdeckt; in mehreren Schichten übereinander Entwürfe und Ausführungszeichnungen für Steinmetze, insbesondere für obere Teile der Chorhalle (Fensterbögen, Fialen, Maßwerk). An der westl. oberen Schlusswand ein sechsteiliges Blendfenster, letzter Rest des originalen Maßwerks. Glasmalereien der Chorfenster 1949-52, die Ornamentfenster der Chorjoche von Anton Wendling, das heilsgeschichtliche Bildprogramm im Polygon von Walter Benner. Die beiden westlichen Fenster am Anschluss zum Oktogon erst 1979/80 eingebaut, Maßwerk in Anlehnung an das gotische Blendmaßwerk der Chorwestwand gestaltet, Fensterverglasung mit geometrischem Ornament von Wilhelm Buschulte. Fußboden aus Blaustein und Schiefer, im Bereich von Marienschrein und Altar mehrfarbiger Steinbelag. Ausstattung: Karlsschrein, Marienschrein, Adlerpult und Strahlenkranzmadonna sind im Katalog des Aachener Domschatzes von E. G. Grimme ausführlich beschrieben, auf den an dieser Stelle verwiesen wird (siehe unten unter Domschatz). Chorgestühl aus Eichenholz, 1782, zweireihiges Gestühl an beiden Seiten der Chorhalle. Altar mit Tabernakel, steinernes Wandrelief mit Metalltür und vorgesetztem Altartisch auf Kalksintersäule im westlichen Bereich der Nordwand, an der Stelle des 1786 entfernten Sakramentshäuschens, nach Entwurf von Felix Kreusch, 1959/60. Kathedra, 2001 nach Entwurf von Elmar van Reth, der spätbarocke Bischofsstuhl von Marc-Antoine Berdolet aus ehemaligem Besitz des Kölner Doms heute in der Taufkapelle aufgestellt. Petrusaltar, aufgestellt 2014 vor dem Karlsschrein, Entwurf des Aachener Architekten Ulrich Hahn, Kubus aus römischem Travertin, Maße 3 x 3 Königsfuß von 32,24 cm. Kapellen an der Südseite des Zentralbaus: Matthiaskapelle (FA), vor 1414: An der Südseite zwischen Zentralbau und Chor: doppelgeschossige Kapelle von einem rechteckigen Joch und 5/8-Schluss, Quadermauerwerk aus Herzogenrather Sandstein über einem Sockel aus Aachener Blaustein. Der Außenbau durch Strebepfeiler, verkröpfte Simse und dreibahnige, größtenteils originale Maßwerkfenster gegliedert; Dachfialen und Maßwerkbrüstung auf dem Hauptgesims aus dem 19. Jh., schiefergedecktes Walmdach mit gemauertem Ziegelsteindachstuhl. An den Pfeilern auf spätgotischen Sockeln mit kauernden Figuren ein neugotischer Skulpturenzyklus, Apostel und Evangelisten, 1873 von Gottfried Götting. Innenraum: Sakristei im Untergeschoss: Bündelpfeiler mit Kapitellen, im Schlussstein des Polygons die Marienkrönung; Wandgliederung mit reichem Blendmaßwerk, in dessen Zwickeln vierzehn Prophetenfiguren. Über dem Durchgang in die Chorhalle ein kleines Relief mit der Verkündigungsszene; zum Teil Malerei des 19. Jhs. auf den Wandflächen freigelegt. Holzbohlentüren mit Eisenbeschlägen, Riegeln und Kastenschlössern an den Durchgängen zur Chorhalle und zum Treppenturm, schmucklose Holzbohlentür zum sog. Höfchen, kleines metallbeschlagenes Wandkästchen mit Eidechsenreliefs neben dem Durchgang zur Annakapelle. Glasfenster 1958 nach Entwürfen von Ludwig Schaffrath, Blausteinboden. Schlichter Altar, seit 1986 mit neugotischen Ciborientabernakel ausgestattet. Ehem. Archiv im Obergeschoss schlichter gestaltet, ungegliederte Wandflächen, im Polygon mit aus dem Gewölbe durchlaufenden Rippen auf polygonalen Sockeln, im Rechteckjoch enden sie auf Engelskonsolen, Schlussstein mit Laubwerk. Durchgänge zur Annakapelle und zum oberen Umgang im 19. Jh. angelegt. Holzbohlentür mit Eisenbeschlägen zum Treppenturm. Bleiverglasung der Fenster mit Antikglas in Rautenmuster, Blausteinboden. Annakapelle (FD), vor 1449: Westl. an die Matthiaskapelle anschließend, ebenfalls zweigeschossiger Bau auf unregelmäßig sechseckigem Grundriss, Quadermauerwerk aus Herzogenrather Sandstein über einem Sockel aus Aachener Blaustein. Reiche Blendengliederung der Pfeiler und Wandflächen, im Obergeschoss zwei dreibahnige Maßwerkfenster (1865 erneuert) und ein vierbahniges von einem steilen Kielbogen überfangenes Maßwerkfenster mit originalem Couronnement; stilistisch eng verwandt das Portal zum Kreuzgang ("kleines Drachenloch"). Dachfialen und Maßwerkbrüstung auf dem Hauptgesims aus dem 19. Jh., schiefergedecktes Walmdach. An den Pfeilern auf spätgotischen Sockeln und zugehörigen Baldachinen ein neugotischer Skulpturenzyklus, Hl. Sippe und Engel, 1870 von Gottfried Götting. Das urspr. als Eingangsvorhalle an drei Seiten offene Untergeschoss 1772 durch Vermauerung geschlossen, 1865 Einbau neugotischer Maßwerkfenster. Innenraum mit sechsteiligem Rippengewölbe in beiden Geschossen, ehem. offener Raum im Erdgeschoss seit Ende 18. Jh. als Sakristei eingerichtet, Figurennische mit spätgotischer Madonna über der Tür zum Zentralbau. Reich gestalteter Kapellenraum im Obergeschoss, Wandflächen mit Blendmaßwerk, umlaufende steinerne Sitzbank. Die Durchgänge zum Zentralbau in beiden Geschossen sind karolingisch und führten urspr. zum ehemaligen südlichen Annexbau, oberer Zugang noch mit karolingischer Bronzetür. Bleiverglasung. Ungarnkapelle (FF), 1756-67 (Arch. Joseph Moretti): Grenzt an den Westbau an der Südwestseite des Umgangs, errichtet an der Stelle eines gotischen Vorgängerbaus und eines 1748 von Johann Joseph Couven begonnenen Neubaus, der 1755 niedergelegt wurde. Der anschließend errichtete Neubau von Joseph Moretti ist ein spätbarocker, mit Blaustein verblendeter Backsteinbau auf annähernd quadratischem Grundriss mit abgeschrägten Ecken, gegliedert durch hohen Sockel, gekuppelte ionische Kolossalpilaster, auskragendes Hauptgesims mit niedriger Attika und ungarischem Wappen sowie das achtseitige bleigedeckte Haubendach mit einem glockenförmigen Abschluss. Runder Innenraum mit zweigeschossigem Wandaufriss und korinthischer Pilastergliederung; über einem schweren, profilierten Sims erscheint der obere Teil als Tambour der flachen Kuppeldecke. Barocke Chorschranke. Reiche Stuckierung des Inneren mit Vergoldungen, Stuckfiguren des hl. Adalbert sowie der hl. Könige Ungarns, Stefan, Emerich und Ladislaus in Wandnischen, 1769 von Petondi. Die übrigen Stuckaturen (Vorhänge, Wappen, Embleme und Trophäen) 1765/66 von J. Pozzi. Marmorne Eingangswand zum Sechzehneck, 1881 zum Schutze des damals hier aufgestellten Domschatzes eingebaut. Ornamentale Neuverglasung der Fenster 1993 durch die Aachener Glaskünstlerin Maria Katzgrau, Blausteinboden. Stephansaltar, geweiht 1767, geschweifter Stipes mit Orden des hl. Stephans, kleiner Altaraufsatz aus Marmor, vergoldete Tabernakeltür mit Pelikanmotiv. Kapellen an der Nordseite des Zentralbaus: Karls- und Hubertuskapelle (FB), 1455-74: An der Nordostseite des Umgangs, spätgotischer Bau von zwei Geschossen auf unregelmäßig siebenseitigem Grundriss, Quadermauerwerk aus Aachener Blaustein und Herzogenrather Sandstein, gegliedert durch gestufte Strebepfeiler und große, im niedrigen Untergeschoss flachbogige Maßwerkfenster; im Obergeschoss an der Nordseite ein polygonal vorkragendes Chörlein mit dreiteiligem Pultdach. Dachfialen auf den Pfeilern und Traufbrüstung sowie der überwiegende Teil der Fenstermaßwerke im 19./20. Jh. erneuert, siebenteiliges schiefergedecktes Zeltdach. An der Ostseite ein korbbogiges Portal in übergreifendem Kielbogen, Figuren um 1870 von Gottfried Götting. An den Pfeiler des Rundbogens im EG unterhalb des Chörleins zwei Metallmasken von Manfred Bredohl (um 1988). Innenraum: Die Hubertuskapelle im Erdgeschoss teilt eine von reichem spätgotischem Maßwerk durchbrochene Wand in einen Gang, der zur Krämertür (Ausgang zur Krämergasse) führt, und den Kapellenraum; das unregelmäßige siebenteilige Rippengewölbe mit hängendem Schlussstein (1896 erneuert). Malereireste von zwei Altarbildern an der Mittelwand. Bleiverglasung der Fenster mit Antikglas in Rautenmuster, Fußboden aus Blaustein, im Gang mit eingelegtem Kreuzornament. Karlskapelle im Obergeschoss, hoher, lichter Raum mit Sterngewölbe, an den Brüstungswänden umlaufende Sitzbank und Maßwerkblenden; Chörlein an der Nordseite mit fünfteiligem Rippengewölbe, Schlussstein mit Stiftswappen. Neugotische Gewölbemalerei um 1870 von A. Kleinertz. Bleiverglasung der Fenster mit Antikglas in Rautenmuster, Fußboden mit farbigen Keramikfliesen. Die Durchgänge zum Zentralbau in beiden Geschossen sind karolingisch und führten urspr. zum ehemaligen nördlichen Annexbau, beide noch mit karolingischer Bronzetür. Taufstein, romanisches Taufbecken aus Blaustein, 2. Hälfte 12. Jh., Fuß jüngeren Datums, getriebener Messingdeckel von 1696, mehrfach wechselnder Standort (Taufkapelle, Nikolauskapelle), seit 2014 in der Karlskapelle. Nikolaus- und Michaelskapelle (FC), vor 1487: An der Nordwestseite, angrenzend an Umgang, Westbau und Stiftsgebäude/ehem. karolingischer Gang, spätgotische Emporenkapelle auf unregelmäßigem Grundriss mit asymmetrisch angesetzter Chorapsis. Quadermauerwerk aus Aachener Blaustein und Herzogenrather Sandstein, der fast schmucklose Außenbau regelmäßig durch Strebepfeiler und Maßwerkfenster gegliedert; an der Nordseite durch Maueransätze zu erkennen, dass der Bau unvollendet blieb. Dreiteiliges schiefergedecktes Walmdach. Das große Nordfenster, 1869/70 nach Entwurf von Robert Cremer und Friedrich Joseph Ark, schließt die unvollendete Nordseite. Innenraum: Zweischiffige Halle mit von Pfeilern getragener Empore an drei Seiten und Kreuzrippengewölben, in den Apsiden beider Geschosse unterschiedlich gestaltete Sternnetzgewölbe, die neugotische Rankenmalerei 1872 von F. Wirtz. Im Untergeschoss urspr. der Nikolausaltar, auf der Empore der Michaelsaltar. Westwand mit Mauerwerk des ehem. karolingischen Gangs zwischen Kirche und Aula regia. Die romanischen Durchgänge zum Kreuzgang, zum Zentralbau und in den Treppenturm von einem ebenfalls zweigeschossigen Vorgängerbau; auf dem Tympanon zum Treppenturm die schwach erkennbare Malerei einer spätgotischen Verkündigung. Verglasungen der Nikolauskapelle von Wilhelm Geyer (1955, Nord- und Ostseite), zwei geometrische Ornamentfenster eines unbekannten Künstlers (um 1955, Südseite) und Kreisornamentfenster von Anton Wendling (1951/52, Stiftung des Studentenvereins Carolinga, Westseite). Fenster im Obergeschoss / Michaelsempore nach Entwürfen von Ernst Jansen-Winkeln (1958) und Felix Kreusch (1959/60). Epitaphien an den Wänden und zahlreiche Grabplatten im Blausteinfußboden der Nikolauskapelle zeugen von der urspr. Funktion der Kapelle als Grablege der Stiftsgeistlichen; Fußboden der Empore mit hellen und dunklen Steinintarsien. Außenflächen mit Einfriedung: Hof Nikolauskapelle an der Nordseite (DD) und Garten Münsterplatz an der Südseite (ohne Bezeichnung): Eingefriedete Außenflächen an der Nordseite zum Katschhof und an der Südseite zum Münsterplatz, im 19. Jh. eingefasst durch niedrige Mauer mit gemauerten neugotisch gestalteten Pfosten, schmiedeeisernen Gittern und Toren, außerdem Gitter zwischen den Pfeilern der Chorhalle. Mauer mit Pfeilern und Gittern an der Nordseite teilweise erhalten, an der Südseite sind die Mauerpfeiler abgetragen, Einfassung durch ein Gitter auf Steinsockel. Gitter zwischen den Chorpfeilern sind komplett erneuert. Freifläche der Südseite heute bestückt mit Figur des heiligen Stephanus von Imre Varga, Geschenk ungarischer Pilger zur Heiligtumsfahrt 1993 und diversen Spolien (u. a. Grabplatte Ottos III, 1803 umgearbeitet und mit Schriftzug "Carolo Magno" versehen). Domschatz: Die Bedeutung der Marienkirche als Pfalzkirche Karls des Großen und als Krönungskirche der deutschen Könige begründet auch den außergewöhnlichen Rang des Schatzes. Zahlreiche Stücke wurden für die Krönungszeremonien geschaffen oder stammen von königlichen Stiftern. In späterer Zeit kam wertvolles liturgisches Gerät hinzu. Mehrfach wurde der Schatz ausgelagert, so während des Dreißigjährigen Krieges, 1794-1802 während der Besetzung des Rheinlandes durch französische Revolutionstruppen und während des Ersten und Zweiten Weltkriegs, und blieb auf diese Weise fast vollständig erhalten; 1798 die Reichskleinodien nach Wien überführt (Krönungsevangeliar, Stephansbursa und Säbel Karls des Großen, heute in der Schatzkammer des Kunsthistorischen Museums), 1804 Reliquien Karls des Großen an Kaiserin Josephine geschenkt (der sog. Talisman und das staufische Armreliquiar, heute im Louvre, Paris). Der Kirchenschatz des Aachener Doms stellt eine der bedeutendsten Sammlungen kirchlicher Kulturschätze dar. Die in Dom und Schatzkammer aufbewahrten Kunstwerke, Objekte und Ausstattungsstücke repräsentieren die Zeit Karls des Großen ebenso wie die Zeit der Königskrönungen, die Wallfahrtskirche und den Reliquienschatz, die Liturgie und Ausstattung der Marienkirche von karolingischer Zeit bis heute. Auf die detaillierte Katalogisierung durch Ernst Günther Grimme, Der Aachener Domschatz, (= Aachener Kunst-blätter, Bd. 42), 2. Auflage, Düsseldorf 1973, wird verwiesen, so dass eine separate Auflistung an dieser Stelle entfällt. II) Ehem. Atrium (heutiger Domhof) und Taufkapelle: In karolingischer Zeit war dem Westbau ein Atrium (HA) als offener Innenhof vorgelagert, auf dessen Grundmauern die den heutigen Domhof umschließenden Gebäude (HB) noch weitgehend stehen. Im 13. und 14. Jh. wurden kleine Kapellen in die Atriumshallen eingebaut, die sog. Kapellen im Paradies: an der Nordseite die Quirinus- und Katharinakapelle, an der Südseite die Georg-, Martinus-, Antonius-, Servatius- und Barbarakapelle. Teile des aufgehenden karolingischen Mauerwerks des Atriums sind an der Nordostecke erhalten, die Fassadengliederung wurde hier 1897/98 nach zuvor freigelegten Befunden rekonstruiert: Grauwackenmauerwerk mit einer kleinen und einer großen Arkade im Erdgeschoss, rechts heute Zugang zur Allerheiligenkapelle (siehe unten unter III.). Hinter dem linken Fassadenteil liegt im Erdgeschoss die Ostapsis der ehem. Quirinuskapelle, die heute zum Haus Domhof 2 gehört. Im Obergeschoss dreiteilige Fenster in Analogie zum karolingischen Fenster an der angrenzenden Westwand. In den Werkstatt- und Büroräumen der Domschatzkammer im Obergeschoss zahlreiche karolingische Mauerbefunde als Befundfenster freigelegt: Grauwacke, Bruchstein- und Hausteinmauerwerk, karolingischer Ziegelsplittmörtel, rundbogige Öffnungen mit Werksteineinfassungen, gemauerter, ehem. offener Türsturzbogen mit Wechsel aus römischen Ziegeln und Travertin. Die heute barock umgebaute Johanneskapelle (Taufkapelle) an der Südwestecke des Atriums ist seit 1215 belegt. Als westlicher Abschluss des Atriums wurde 1429 ein gotisches Doppelportal eingebaut und 1811 wieder abgebrochen. Die Kapellen dienten teilweise als Begräbnisstätten, so dass das Atrium seit dem 16. Jh. auch als "kleiner Kirchhof" bezeichnet wurde. Durch den Stadtbrand 1656 wurden die Kapellen in den Atriumshallen schwer beschädigt und schließlich 1730 niedergerissen. In der Folge entstanden die kleineren, als Einzeldenkmäler eingetragenen Häuser (HB) als Randbebauung des heutigen Domhofs, der in seiner Freifläche den Innenmaßen des karolingischen Atriums weitgehend entspricht: an der Nordseite Domhof 2, 4, 4a, 6, 8, 10; an der Südseite Domhof 1 a-d, 3 sowie Münsterplatz 27 und 28. Johanneskapelle / Taufkapelle (FE), 1766: An der Südwestecke des Atriums zum Fischmarkt hin, 1215 erstmals erwähnt, barocker Neubau mit Teilen eines gotischen Vorgängerbaus, Kartusche über dem Eingang an der Nordwand mit Jahreszahl 1766. Mauerwerk aus Blaustein, verschiedenen Bruchsteinen und Ziegeln, teils vermutlich Abbruchmaterial von den karolingischen Atriumsbauten. Rechteckiger Baukörper, dreifach geschweiftes, schiefergedecktes Dach mit Knaufspitze, Eingang an der Nordseite (ehem. Eingang an der Südseite vermauert), Holzbohlentür mit Metallbeschlägen, drei Bogenfenster an der Westseite zum Fischmarkt. An der Nordwestecke / westlicher Teil der Nordfassade: Rest des gotischen Vorgängerbaus mit Fragmenten des ehemaligen gotischen Doppelportals (abgebrochen 1811) am Eingang zum Atrium, ehem. südliche Schildwand des Portaldurchgangs mit profiliertem spitzbogigem Gewölbeansatz und seitlichen Ansätzen von Gewölberippen und Arkaden. Sockelmauerwerk aus Aachener Blaustein, darüber großformatiges Quadermauerwerk aus Herzogenrather Sandstein, teils mit originalen Zangenlöchern und Steinmetzzeichen sowie Rötelzeichnungen des 16. Jhs. Wegen des im 18. Jh. noch vorhanden gotischen Doppelportals blieb dieser Teil des Vorgängerbaus stehen und wurde in den barocken Neubau von 1766 integriert. Am gegenüberliegenden Haus Domhof 10 blieben ebenfalls Ansätze des abgebrochenen Atriumsportals erhalten; heute ist an dessen Stelle ein Eisengittertor angebracht. Innenraum der Taufkapelle durch Pilaster in den Ecken und an den Langwänden gegliedert, Stuckkartuschen, Rahmungen und kleinere Stuckverzierungen, barocker Stuckaltar mit moderner Altarmensa von 1987 und spätbarocker Kommunionbank, flache Stuckdecke über gewölbtem Ansatz. Derzeit in der Taufkapelle aufgestellt spätbarocker Bischofsstuhl des ersten Bischofs von Aachen, Marc-Antoine Berdolet (ehem. in der Chorhalle), zwei spätbarocke Tischchen sowie eine moderne Orgel. Im Keller die südwestliche Ecke des karolingischen Atriums und Fundamente des mittelalterlichen Vorgängerbaus sowie Fragmente eines mittelterlichen Taufbeckens bei Grabungen 1986/87 freigelegt und darüber neue Betondecke eingezogen. III) Domkreuzgang und Quadrum mit Paradiesbrunnen und umgebenden Bauten Die Gründung des Aachener Marienstiftes geht nach jüngeren Forschungen bereits auf Karl den Großen zurück, so dass die Marienkirche von Beginn an auch die Funktion als Stiftskirche erfüllte. Die zugehörigen Stiftsgebäude waren vermutlich schon zu karolingischer Zeit im Bereich des heutigen Quadrums nordwestlich der Kirche angesiedelt. Der Domkreuzgang, der die Freifläche des Quadrums mit dem Paradiesbrunnen in der Mitte umschließt, grenzt im Osten an den ehem. karolingischen Verbindungsgang mit der Allerseelenkapelle. Im Süden liegen die als Einzeldenkmäler eingetragenen barocken Wohnbauten des Domhofs (ehem. Atrium). Die Baulichkeiten im Westen und Norden wurden nach den Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs weitgehend neu errichtet: die Propstei (heutiges Bischofshaus) an der Nordwestecke, der Baukomplex der Westseite (heutige Schatzkammer und kirchlich genutzte Wohnräume) sowie die als Einzeldenkmal eingetragene Domsingschule im Norden. Erschlossen werden Kreuzgang und Quadrum durch mehrere Zugänge von den umliegenden Bauten aus sowie durch die historischen Außenzugänge des sog. großen Drachenlochs im Norden zur Ritter-Chorus-Straße und des kleinen Drachenlochs im Westen zur Johannes-Paul-II.-Straße hin. Ebenso wie die Marienkirche selbst spiegeln auch die Bauten rund um den Kreuzgang die architektonische Entwicklung von karolingischer Zeit bis ins 20. Jh. wider. Neben den noch erhaltenen Teilen des karolingischen Verbindungsgangs ist die romanische Arkade der Allerseelenkapelle besonders hervorzuheben, die innerhalb des Baudenkmals Aachener Dom eines der wenigen Relikte aus dieser Bauepoche darstellt. Die spätgotische Anlage des Kreuzgangs prägt den Baukomplex trotz vieler späterer Veränderungen und Erneuerungen bis heute und auch die neugotische Gestaltung des späten 19. Jhs. setzt einen deutlichen Akzent. Die Bauten der 1950er Jahre bringen die Konzeption des Wiederaufbaus zum Ausdruck, indem sie den alten Baugrenzen folgen und so die Domumgebung in baulicher und städtebaulicher Hinsicht wieder vervollständigen. Domkreuzgang und Quadrum mit Paradiesbrunnen (GA): Der Kreuzgang wurde wohl Ende des 12. Jhs. angelegt und im späten 15. / Anf. 16. Jh. durch einen Neubau ersetzt. Nach Beschädigungen durch den Stadtbrand 1656 erfolgte ein teilweiser Wiederaufbau der Gänge. 1888-95 wurde der Kreuzgang in Anlehnung an die alten spätgotischen Formen neugestaltet, die Umgänge im Norden und Osten abgerissen und komplett erneuert, wobei die alten Rückwände erhalten blieben. Ebenso gehörten die gärtnerische Gestaltung des Quadrums, die Aufstellung des Paradiesbrunnes (1898) und die von Aachener Bürgern gestiftete Verglasung der Umgänge zu den Wiederherstellungsmaßnahmen. 1943 zerstörte ein Bombentreffer den noch im spätgotischen Zustand erhaltenen Süd- und Westflügel des Kreuzgangs bis auf die Rückwände, einige Gewölbeanfänger und drei Gewölbejoche des Südflügels nahezu vollständig. Der Wieder- bzw. Neuaufbau erfolgte Anf. der 1950er Jahre durch den damaligen Dombaumeister Felix Kreusch. Der Domkreuzgang bildet im Grundriss ein leicht unregelmäßiges Viereck. Die innere Freifläche, das Quadrum, wird umschlossen von zweigeschossigen Bauten mit schiefergedeckten Walm- und Satteldächern sowie kleinen Gauben. Die Fassaden aus Aachener Blaustein, beim Wiederaufbau weitestgehend erneuert, werden durch schlichte kräftige Strebepfeiler gegliedert, die an den Längsseiten jeweils zwei, an den Schmalseiten je eine Fensterachse einfassen. Im Erdgeschoss spitzbogige Öffnungen, dreibahniges neugotisches Maßwerk mit Fischblasenmotiven aus Sandstein (mit Ausnahme der vier westlichen Öffnungen des Südflügels ohne Maßwerkfüllung), im Obergeschoss an den Längsseiten rechteckige Kreuzstockfenster, an den Schmalseiten zweibahnige Fenster unter stichbogigen Überfangbögen. Verglasung der Maßwerkfenster von Ludwig Schaffrath, 1962-65, mit Klarglas in unterschiedlichen Strukturen und mit ornamentaler Bleirutenzeichnung, Reste der Buntglasfenster des 19. Jhs. in einem Vierpass im Kreuzgang Ost Die Umgänge der Nord- und Ostseite mit neugotischen Stern- und Netzgewölben im Rahmen der Wiederherstellung 1888-95 erneuert. Im südlichen Umgang noch drei originale spätgotische Sterngewölbe (um 1500) erhalten, die restlichen schlichten Kreuzgratgewölbe stammen ebenso wie die Netzgewölbe des westlichen Umgangs aus dem Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg, auch der Fußboden 1950/51 aus alten wiederverwendeten Blausteinplatten oder belgisch Granit hergestellt (anstelle der gemusterten Mettlacher Platten von 1892). Quadrum 1991-93 zu zwei Dritteln unterkellert, Anlage der achteckigen Kapitelsgruft in der Mitte unter dem Paradiesbrunnen, neue ornamentale Pflasterung des Innenhofs. Paradiesbrunnen in der Mitte des Quadrums, erbaut 1895-1897 nach Entwurf von Prof. Georg Frentzen im Zusammenhang mit der Neugestaltung und den regotisierenden Wiederherstellungsarbeiten am Kreuzgang. Neun Meter hohe neugotische Steinsäule aus Sandstein auf kreuzförmigen Grundriss. An der Ecke je ein kleines, halbkreisförmiges Wasserbecken; größere Brunnenbecken rahmen die Steinsäule ein. Über den großen Becken originell gestaltete Masken, über den kleinen Becken Figuren, die die vier großen Ströme des Paradieses darstellen (Euphrat, Tigris, Phison und Gehon), darüber die vier Evangelisten mit Attributen; darüber ehem. eine Totenlaterne mit bunter Bleiverglasung, wovon einige Scheiben erhalten sind. Unterhalb der Leuchte vier Tiergestalten (Chimären). Den Abschluss des Brunnens bildet ein kupfernes Kreuz. Der Brunnen wurde mit Wasser des Paubaches gespeist, das durch das kleine Drachenloch geleitet wurde. Ausstattung im Kreuzgang: Zwei Porphyrsäulen, die zur karolingischen Ausstattung des Oktogons gehören (Schäfte aus grünem Porphyr, wohl spätantik, mit Marmorkapitellen und Bronzebasen), und weitere Spolien, museal aufgestellt im westlichen Umgang im Bereich des Zugangs zur Schatzkammer. Gotische Steinzange zum Heben und Versetzen von großen Steinquadern, ca. 2 m lang und 70 kg schwer, beim Bau der Chorhalle und der Kapellen verwendet, wovon zahlreiche Zangenlöcher auf den Außenflächen der Quader zeugen. Kreuzwegstationen von Hans Hülsmann, 18. Jh., Ölgemälde auf Leinwand in zeitgenössischen Rahmen in Schwarz und Gold, gehören zu barocken Ausstattung des Kreuzgangs. 1914 zeitweilig ersetzt durch einen Kreuzweg auf Bronzetafeln des Malers Krahforst; da diese nach den Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs nicht mehr vollständig waren, wurden die barocken Bilder restauriert und wieder aufgehängt. Grupello-Kruzifix, Holz, um 1725 von dem flämischen Bildhauer Gabriel de Grupello, 1805 von Bischof Berdolet im Südflügel des Kreuzgangs aufgestellt. Madonna auf der Mondsichel, sog. Wespienmadonna, goldfarbene Skulptur, 18. Jh., urspr. vom Haus des Bürgermeisters van Wespien, wurde 1814 von dem Aachener Bürger van Houtem als Ersatz für eine in französischer Zeit eingeschmolzene Marienstatue geschenkt, die in einer Nische des heute nicht mehr vorhandenen Abschlussgiebels der barocken Vorhalle vor dem Westportal stand, in späterer Zeit in der Taufkapelle, seit April 2012 im Kreuzgang aufgestellt. Friedenskreuz, großformatiges massives Holzkreuz mit dem Gesicht des leidenden Christus?, geschaffen 1947 von Anton Wendling auf Initiative von Krefelder Kriegsheimkehrern, bis in die 1960er Jahre genutzt bei Wallfahrten und in den 1980er Jahren von Pax Christi als Zeichen des Friedens und der Verständigung. Kreuzgang Ost (D): Ehem. karolingischer Verbindungsgang mit Allerseelenkapelle, neuer Sakristei und Allerheiligenkapelle. Der östliche Umgang mit neugotischen Sterngewölben und (in den Jochen vor der Allerseelenkapelle) geometrischen Netzgewölben grenzt an den ehem. karolingischen Verbindungsgang ("Porticus"), der an der Nordseite des Katschhofs von der Nordostecke des Atriums bis zur Aula (heutiges Rathaus) reichte: langgestreckter Baukörper mit Außenmauern aus Grauwackebruchsteinen, im Erdgeschoss urspr. ca. 1,33 cm stark, im Obergeschoss zwischen 83,5 und 96 cm; Tonnengewölbe aus Travertin im Erdgeschoss mit lichter Weite von ca. 4,70 m. Die Westwand des ehemaligen karolingischen Ganggebäudes entspricht der Rückwand des Kreuzgangostflügels, die stark veränderte Ostwand bildet die Fassade zum Katschhof. Der Gang traf im Bereich der heutigen Allerheiligenkapelle auf die ehemalige nördliche Atriumsaußenmauer. Vom südöstlichen Joch des Umgangs aus über die Michaelstreppe Zugang zur Nikolaus- und Michaelskapelle. Im Norden reicht der Ostfügel des Kreuzgangs bis zur 1959/60 von Gerhard Graubner neuerrichteten Domsingschule. Hier, in der Mitte des karolingischen Verbindungsgangs, befand sich ehem. ein Querbau, dessen Fundamente archäologisch nachgewiesen sind. Das nördliche bis zum heutigen Rathaus reichende Teilstück des karolingischen Verbindungsgangs ist nicht erhalten. Noch vorhandene Reste wurden 1894-99 für die Errichtung eines neugotischen städtischen Verwaltungsgebäudes abgebrochen (im Zweiten Weltkrieg zerstört, Bereich des heutigen Centre Charlemagne). Ende 19. Jh. eingreifende Umbauten durch Domwerkmeister Baecker: 1890 Abriss des Ostflügels des Kreuzgangs, dadurch Freilegung der karolingischen Rückwand (Westwand des Gangs), Abriss eines 6,80 m langen Teilstücks des Ganggebäudes im Norden für die Anlage der Ritter-Chorus-Straße, 1894 Abbruch von Teilen des Gewölbes und Einbau von Wohnungen für die Stiftsvikare, 1896 Errichtung eines dreigeschossigen Eckbaus zur Ritter-Chorus-Straße (im Zweiten Weltkrieg zerstört, Bereich der heutigen Domsingschule). Um 1900 Wiederherstellung und teilweise Erneuerung der Fassade des Ganggebäudes zum Katschhof: Neueinfassung aus Haustein der rundbogigen vergitterten Fensteröffnungen im Erdgeschoss (Öffnungen im Bereich der Allerseelenkapelle/neuer Sakristei vermauert). Obergeschoss (mit Ausnahme des südlichen Bereichs am Anschluss zur Nikolauskapelle) weitestgehend in Grauwackemauerwerk erneuert, rundbogige Fenster mit zweifach gestufter Hausteinfassung im Wechsel mit Zwillingsfenstern auf Mittelsäulchen mit Überfangbogen und einem etwas größeren Drillingsfenster im Süden. Mauerwerk des nördlichen Eckbereichs im Zuge der Errichtung der Domsingschule (1958-60) erneuert. Schiefergedecktes Satteldach mit kleinen Dachgauben. Im Inneren im südlichen Teil des Obergeschosses Gewölbezimmer mit Kreuzgratgewölbe auf Säulen, von Säulen eingefasstes Drillingsfenster zum Katschhof hin, Rundbogenfries an der Südwand. Im nördlichen Teil des Obergeschosses Reste einer ehemaligen Fensteröffnung der Westwand des Gangs von Kreusch 1950/51 freigelegt. Vom karolingischen Bau sind trotz der späteren Veränderungen des 19. Jhs. und nach 1945 noch große Teile der Außenmauern teilweise bis ins Obergeschoss und weite Strecken des Gewölbes erhalten. Allerseelenkapelle und neue Sakristei: Kapellenraum um 1220 im karolingischen Verbindungsgang eingerichtet, eventuell urspr. als Vorraum zur ehem. östlich anschließenden, nicht erhaltenen Ägidiuskapelle (Fundamente archäologisch nachgewiesen). Rechteckiger Raum, rd. 9,80 m lang und 4,80 m breit, ehem. mit leicht aus der Achse abweichender Nordwand, überdeckt vom karolingischen Tonnengewölbe und mit einer spätromanischen Schaufassade zum Ostflügel des Kreuzgangs hin geöffnet: siebenachsige Arkadenreihe auf Doppelsäulen aus Schiefer mit Kelchblattkapitellen und Kleeblattbögen aus Sandstein, die Eingangsarkade in der Mitte leicht überhöht, darüber ein abschließender Kleeblattbogenfries, 1893 restauriert und ergänzt. 1930 Vergrößerung und Einrichtung des Kapellenraums als Domschatzkammer: Abriss der inneren Nordwand und Einbeziehung des nördlichen anschließenden, ebenfalls tonnengewölbten Raumes, Vermauerung der Tür zur Michaelstreppe, Schließung der Arkaden durch eine von innen eingezogene gepanzerte Wand. 1985 Neueinrichtung des Kappellenraums unter Nutzung einer alten, aus einem Schloss stammenden Holzvertäfelung der Wände, Steinaltar im Süden, Einrichtung des nördlichen Raumes mit hölzernen Wandschränken als neue Sakristei. Allerheiligenkapelle und Bischofsgruft: Der tonnengewölbte Raum der Allerheiligenkapelle, mit Zugang von der nordwestlichen Ecke des Domhofs aus, bildete den Anschluss des ehemaligen Atriums zum karolingischen Verbindungsgang, karolingische Mauerteile an der Ost- und nördlichen Hälfte der Westwand sowie in der nördlichen Hälfte des Tonnengewölbes nachgewiesen. Vermutlich ab Ende 15. Jh. als Kapitelsaal genutzt. 1954/55: Einrichtung der Allerheiligenkapelle mit Sakristei im westlichen Nebenraum, die mit Grauwacke vermauerte Arkade in der Südwand zum Domhof mit Außentür aus Eichenbohlen und Kalkstein-Maßwerk im Bogenfeld mit ornamentaler Verglasung nach Entwurf von Felix Kreusch versehen. Neu angelegte Mauerdurchbrüche von der Kapelle zur Sakristei und zur Nikolauskapelle mit Blausteingewänden. Schlichte Gestaltung im Inneren der Kapelle, Gedenktafeln der verstorbenen Bischöfe an den Wänden, an der Stirnseite Blausteinrelief mit Majestas-Domini-Darstellung, Altar und Gruftplatte von dem Neusser Künstler Hein Minkenberg. 1959 angelegter tonnengewölbter Gruftraum mit Grabkammern, Fußboden aus aufgefundenen römischen Ziegeln und Mergelsteinen, Zugang im südlichen Kreuzgang mit Umgestaltung zur Bischofsgruft zugemauert. Kreuzgang Süd (GC): Im östlichen Teil des südlichen Umgangs sind drei originale spätgotische Sterngewölbe erhalten, die restlichen schlichten Kreuzgratgewölbe stammen aus dem Wiederaufbau Anf. der 1950er Jahre. Die ältere Außenwand des südlichen Umgangs grenzt an den Innenhof bzw. an den rückwärtigen Teil der Bebauung des Domhofs (ehem. Atrium). Außenmauer im Erdgeschoss aus Grauwacke-Bruchstein, im Obergeschoss aus Ziegel mit Rechteckfenstern, kräftige Stützpfeiler aus Ziegel. In der Mitte Durchgang zum Domhof. Obergeschoss als Büro genutzt. Kreuzgang West (GB): Ehem. Propstei/Bischofshaus (I), Domschatzkammer und Wohnräume. Westlicher Umgang mit rekonstruierten Netzgewölben (Anf. 1950er Jahre) und älterer Rückwand, an die die Bebauung des Westflügels zur Johannes-Paul-II.-Straße (ehem. Klostergasse) grenzt. Der Westflügel weicht in der Flucht deutlich von der axial nach den Himmelsrichtungen orientierten Ausrichtung des gesamten Baukomplexes ab, wobei die Achsabweichung schon im westlichen Umgangsflügel des Kreuzgangs angelegt ist. Im Anschluss an das Eckhaus Domhof 10 folgen ein von einer hohen Mauer zur Straße hin abgetrennter Innenhof, um den an zwei Seiten zweigeschossige Wohnbauten gruppiert sind. Daran anschließend befindet sich das sog. kleine Drachenloch, ein Portal mit Zugang zum Kreuzgang, und die heutige Domschatzkammer. An der Nordwestecke zur Ritter-Chorus-Straße hin liegt die ehem. Propstei, das heutige Bischofshaus, mit dem sog. großen Drachenloch als weiterem Zugang zum Kreuzgang. Die Einbeziehung der alten gewölbten Durchgänge und Portale des kleinen und großen Drachenlochs verdeutlichen, dass der gesamte Baukomplex mit seinen Straßenfronten schon auf ältere Stiftsbauten an dieser Stelle zurückgeht, worauf auch die Bezeichnung "Klostergasse" hinweist. Die Baulichkeiten an der Westseite des Kreuzgangs wurden nach weitgehenden Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg unter Einbeziehung noch vorhandener älterer Bauteile und unter Berücksichtigung der alten Baugrenzen von Felix Kreusch um 1953 neu errichtet. Kreusch verwendete Ziegel und Blaustein als Abbruchmaterialien der alten Propstei und anderer Trümmerbauten für die Neubauten. Sein Konzept sah eine in sich geschlossene Bebauung der Domumgebung im Westen vor: "Mit drei Kopfbauten stoßen hier die Nebenbauten des Domes bis an die Klostergasse, zwischen sich zwei Höfe hinter Umwehrungsmauern einschließend: Im Norden die schon genannte Dompropstei, in der Mitte das ?Kleine Drachenloch? mit einer neuen Umbauung, die in zwei Stockwerken Museum und Wohnräume enthält, und im Süden ein Wohnhaus, dessen Nordseite, die durch Zerstörung eines Anschlussbaus offen lag, aus städtebaulichen Gründen ergänzt und mit einem Mansardwalm ausgestattet wurde. Mit der Wiederherstellung der Bindeglieder zur Bebauung der Umgebung hoffen wir dem genius loci mehr gerecht zu werden, als mit einer Freilegung des Domes [?]." (Kreusch, 1957, S. 124). Im Zusammenhang mit der Einrichtung der Domschatzkammer 1975-79 im nördlichen Teil des Westflügels erfolgten einige Umbauten. Trotz der späteren Veränderungen vermitteln die Bauten des Westflügels und die Propstei mit ihren Ziegelfassaden, den Blausteinelementen und den schiefergedeckten Walmdächern noch ein sehr geschlossenes und charakteristisches Bild der Wiederaufbauphase nach dem Zweiten Weltkrieg. Ehem. Propstei, heutiges Bischofshaus (I): Vorgängerbau 1708 als Choralenhaus errichtet, nach starken Beschädigungen im Zweiten Weltkrieg 1953 abgerissen und an selber Stelle neu erbaut, in Form und Volumen an den Vorgängerbau angelehnt: Zweigeschossiges, querrechteckiges Gebäude aus Ziegel, Sockel und Stockwerksbänder aus Blaustein, schiefergedecktes Walmdach. Im Inneren großer Saal im Erdgeschoss mit brüstungshoher hölzerner Wandverkleidung, Wendeltreppe, im Obergeschoss Zugang zum Andachtsraum. Innensanierung, neuer Dachstuhl und Einbau von Dachgauben 2016. Fassade zur Ritter-Chorus-Straße in beiden Geschossen mit leicht hochrechteckigen Fensteröffnungen regelmäßig untergliedert, Zugang im Erdgeschoss in der fünften Achse von Westen mit zweiflügeliger Holztür nach Entwurf von Kreusch. In der östlichen Fassadenachse befindet sich das sog. große Drachenloch: barockes Portalgewände mit bossierter Blausteineinfassung, vom Vorgängerbau übernommen, dahinter gewölbter Durchgang über mehrere Stufen zum Kreuzgang, über dem Portal beim Wiederaufbau der barocke Wappenstein des Stifters Blanche eingebaut, der sich urspr. über dem Zugang des Choralenhauses befand. Im Osten anschließend Neubau der Domsingschule. Die Stirnseite der ehem. Propstei zur Johannes-Paul-II.-Straße urspr. ohne Fenster, erst nachträglich im Zusammenhang mit dem Einbau der Schatzkammer 1975-79 im rechten Teil des Erdgeschosses vier zweiteilige schmale hochrechteckige Fenster in Blausteineinfassung eingebaut, daneben Metallrelief von 1960 zum Wiederaufbau ("JUSTITIA ET PAX / 1708 ERECTA / 1941 FRACTA / 1954 REAEDIFICATA"). Westflügel mit Domschatzkammer und Wohnräumen (GB): Der Westflügel wird durch das kleine Drachenloch mit gotischem Portal zur Johannes-Paul-II.-Straße untergliedert, das den Zugang zum Kreuzgang ermöglicht. Bis zu den starken Beschädigungen im Zweiten Weltkrieg bestand nördlich des kleinen Drachenlochs ein kleiner, eingeschossiger Anbau mit Pultdach und Garten bis zur Propstei, durch eine hohe Mauer mit Tor zur Straße hin abgeschirmt, und südlich ein zweigeschossiger Bau mit Satteldach. Beim Wiederaufbau 1953 griff Kreusch das Motiv der niedrigen Bebauung mit zur Straße hin durch hohe Mauern eingefassten Gärten wieder auf: Zweigeschossige Bauten mit hohen schiefergedeckten Walmdächern umschlossen urspr. zwei Innenhöfe nördlich und südlich des kleinen Drachenlochs. Ihre ziegelsichtigen Fassaden wurden analog zur Propstei von Geschossbändern in Blaustein (teilweise im südlichen rückwärtigen Bereich auch aus Beton) gegliedert und von Rechteckfenstern (teils nachträglich verändert) durchbrochen. Die geschlossene Mauer zur Johannes-Paul-II.-Straße hin besteht aus Ziegelmauerwerk über einem Bruchsteinsockel und ist im nördlichen Bereich der Domschatzkammer mit schießschartenförmigen, in Dreiergruppen angeordneten Nischen versehen, darüber ein Pultdach mit zwei kleinen Dachgauben. Das Portal des kleinen Drachenlochs ist in den mittleren Bautrakt aus Ziegel über unterschiedlich hohem Bruchsteinsockel integriert. Rechts des Portals befindet sich ein hohes, stichbogiges Fenster mit Blausteineinfassung, analog zur Vorgängerbebauung erneuert, anschließend die hohe Ziegelmauer über Bruchsteinsockel des südlichen Gartens mit ebenfalls blausteingefasster Zugangspforte. Die nördliche Freifläche wurde 1975-79 für die Neueinrichtung der Domschatzkammer eingeschossig überbaut und auf dem Dach eine Terrasse für die Propstei angelegt, zurückliegende Fassade mit schmalen schießschartenförmigen, in Dreiergruppen angeordneten Öffnungen. Die Schatzkammer befindet sich im Keller, Erdgeschoss und 1. Obergeschoss und wird durch ein im Norden liegendes Haupttreppenhaus mit Aufzug erschlossen. Im Keller flaches Ziegeltonnengewölbe an der Seite zum Kreuzgang, als Ausstellungsraum genutzt, an der Seite zur Straße Einrichtung eines atomaren Schutzbunkers. Zugang zur Schatzkammer vom westlichen Kreuzgang aus über historische Türöffnung mit Blausteineinfassung. Die baulichen Veränderungen, die im Zuge der Einrichtung der Schatzkammer entstanden, sind nicht Teil des Denkmals. Kleines Drachenloch: Dreizonig aufgebautes Schauportal aus Herzogenrather Sandstein mit Blausteinsockel, kurz vor Mitte des 15. Jhs.; über dem reich profilierten kielbogigen Durchgang vor zweizoniger Blendengliederung drei Figuren unter hohen Baldachinen aus Savonnières-Kalkstein, die Gottesmutter, flankiert von Johannes Bapt. und dem hl. Josef, 1887-95 von H. K. G. Dunstheimer nach Resten zweier erhaltener Originalskulpturen im Zuge einer umfassenden Erneuerung des Portals geschaffen; von dieser Maßnahme auch die abschließende, durch Fialen gegliederte Balustrade. Gewölbter Durchgang zum westlichen Umgang mit Kreuzrippengewölben auf schlanken Wandsäulchen. Kreuzgang Nord und Domsingschule (K): Der nördliche Umgang mit neugotischen Sterngewölben und älterer Rückwand grenzt an die als Einzeldenkmal eingetragene Domsingschule von Gerhard Graubner, 1959/60, Durchgang vom Kreuzgang zur Domsingschule unter Verwendung eines barocken Steingewändes von Felix Kreusch 1960 angelegt, hölzernes geschnitztes Türblatt von Klaus Iserlohe ("Engelstür"), Obergeschossräume der Domsingschule angegliedert, 1990-94 zu Gruppen- und Übungsräumen umgebaut. Vom nordöstlichen Eckjoch aus Durchgang zum Katschhof, an der dortigen Außenfassade von Pilastern flankiertes rundbogiges Portal mit Hausteineinfassung, Zugangstreppe, Holztür und Oberlicht (Katschhof 2), um 1900 zusammen mit der Wiederherstellung der Fassade angelegt.
Begründung Das Denkmal Aachener Dom ist bedeutend für die Geschichte des Menschen sowie für Städte und Siedlungen. Für die Erhaltung und Nutzung liegen künstlerische, wissenschaftliche, insbesondere architektur- und technikgeschichtliche, volkskundliche sowie städtebauliche Gründe vor. Das Denkmal Aachener Dom ist bedeutend für die Geschichte des Menschen: Als Kernbau der Pfalzanlage Karls des Großen wurde die karolingische Pfalzkapelle um 800 errichtet und stellt das bedeutendste architektonische Beispiel für die "karolingische Renaissance" dar. Über die Jahrhunderte entwickelte sich das Bauwerk zu einem vielgestaltigen Baukörper, dessen Entstehungs- und Nutzungsgeschichte vom frühen Mittelalter bis in die Gegenwart reicht. Die Marienkirche diente bereits seit karolingischer Zeit als Pfarr- und Stiftskirche und war mit einem reichen Kirchenschatz ausgestattet. Sie ist der Begräbnisort Karls des Großen (gest. 814) und Ottos III. (gest. 1002), ebenso der Krönungsort der deutschen Könige von der Krönung Ottos I. im Jahr 936 bis zum Jahr 1531. Die deutschen Herrscher wurden am Hauptaltar gekrönt und gesalbt, die Inthronisation erfolgte auf dem Karlsthron. Im 12. und 13. Jh. wurde die Kirche durch die Stiftung des Barbarossa-Leuchters sowie die kostbaren Reliquienschreine (Karls- und Marienschrein) ausgezeichnet und entwickelte sich zu einem bedeutenden Zentrum der Heiligen- und Reliquienverehrung (Aachener Heiligtumsfahrt). Die gotischen Erweiterungsbauten (Chorhalle und Kapellenanbauten) zeugen von dieser florierenden Epoche, weitere Um- und Erweiterungsbauten folgten im Barock. 1802 machte Napoleon Aachen zur Bischofskirche (bis 1821) und raubte wichtige Ausstattungsstücke wie die berühmten Säulen des Oktogons, die erst in der Mitte des 19. Jhs. zum größten Teil zurückkehrten. 1847 gründeten Aachener Bürgern den "Karlsverein zur Restauration des Aachener Münsters" (heute Karlsverein-Dombauverein). Durch eine umfassende Restaurierungskampagne wiederhergestellt und durch neugotische Bauteile ergänzt, dient der Aachener Dom seit 1930 wieder als Bischofskirche. Während die Kirche selbst im Zweiten Weltkrieg nur wenig zerstört wurde, sind der Kreuzgang und die ihn umgebenden Bauten auch ein Zeugnis für die Wiederaufbauleistung der 1950/60er Jahre, die insbesondere durch die reduzierte, aber markante Formensprache des damaligen Dombaumeisters Felix Kreusch geprägt ist. Der Aachener Dom, ein Bauwerk, das in einzigartiger Weise über 1200 Jahre Menschheitsgeschichte im Herzen des heutigen Europas spiegelt, gehörte 1978 zu den weltweit 12 ersten Kulturdenkmalen, mit denen die UNESCO-Welterbeliste eröffnet wurde. Das Denkmal Aachener Dom ist bedeutend für Städte und Siedlungen: Nach einer frühen keltischen Besiedlung wurde Aachen unter den Römern vom 1. bis ins Ende 4. / Anf. 5. Jh. als städtische Siedlung und Heilbad angelegt und war nach jüngeren Forschungen auch in nachrömischer Zeit durchgängig besiedelt. 765 wird in Aachen (Aquis villa) ein Königshof des fränkischen Königs Pippin des Jüngeren erwähnt. Dessen Sohn, Karl der Große, unternahm den Ausbau der karolingischen Pfalz in Aachen mit der Marienkirche und der Aula Regia, dem heutigen Rathaus, als den zentralen Bauten, die den heutigen Katschhof in der Mitte der Stadt umschließen. Im Gegensatz zu den römischen Straßenfluchten war der neuangelegte Pfalzbezirk streng nach den Himmelsrichtungen ausrichtet, was sich im Aachener Straßenbild deutlich ablesen lässt. Der Pfalzbezirk mit Rathaus und Marienkirche, Atrium (heutiger Domhof) und Quadrum sowie den umliegenden Plätzen (Katschhof, Münsterplatz) bilden bis heute das Zentrum der Stadt. Die markanten Bauformen sind prägend für die Stadtsilhouette aus der Nah- und aus der Fernsicht von den umliegenden Hügeln aus (siehe oben "Lage im Stadtbild"). Die Kirche, die zugehörigen Stiftsbauten rund um das Quadrum sowie die Bebauung des Domhofs wurden in romanischer und gotischer Zeit, im Barock und im 19. Jh. weiter ausgebaut und beeinflussten maßgeblich die Stadtentwicklung Aachens als Krönungsstadt der deutschen Könige und bedeutender Wallfahrtsort (Heiligtumsfahrt) sowie als religiöses und kulturelles Zentrum. Im Gegensatz zur Kirche selbst waren die an der Johannes-Paul-II.-Straße (ehem. Klostergasse) und an der Ritter-Chorus-Straße gelegenen Bauten des Quadrums weitaus stärker von den Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs betroffen. Sie wurden beim Wiederaufbau in den 1950er Jahren ganz bewusst aufgrund ihrer städtebaulichen Bedeutung in ihren alten Baugrenzen und unter Einbeziehen der historischen Zugänge (kleines und großes Drachenloch) wiederaufgebaut, um die Domumgebung architektonisch zu schließen. Für die Erhaltung und Nutzung liegen - künstlerische Gründe vor: Die in Aachen von Karl dem Großen errichtete Pfalzanlage entstand in Anlehnung an antik-römische und byzantinische Vorbilder. Der Entwurf basiert auf einem architektonischen Gesamtkonzept, das in der Alkuin zugeschriebenen Bauinschrift des Oktogons zum Ausdruck gebracht wird und in seiner perfekten Geometrie auf den Tempel Salomos in Jerusalem anspielt. Die Kirche mit ihrer prachtvollen Ausstattung durch antike Marmorsäulen und weitere Spolien sowie Bronzegüsse und Mosaiken ist als wichtigstes architektonisches Beispiel der karolingischen Renaissance eine außergewöhnliche künstlerische Schöpfung. Sie wird bereits in zeitgenössischen Texten ausführlich beschrieben, vor allem in der um 820/30 von Einhard verfassten panegyrischen Lebensbeschreibung Karls des Großen, und von Künstlern wie Albrecht Dürer bei seinem Besuch in Aachen 1520 bewundert. Im weiteren Verlauf des Mittelalters kommen kostbare Ausstattungsgegenstände des Domschatzes hinzu (Pala d?oro, Ambo, Schreine, Barbarossaleuchter u.a.), die höchsten künstlerischen Ansprüchen genügen. Auch die späteren Bauepochen, so die gotischen Erweiterungsbauten mit der berühmten Chorhalle, dem "Glashaus von Aachen", und dem gotischen Kapellenkranz oder die barocken Anbauten setzen die hohe künstlerische Qualität in Entwurf und Ausführung fort. Im 19. Jh. wurde die Wiederherstellung des Aachener Doms, unterstützt vom preußischen Kaiserhaus, zu einem Präzedenzfall in der Entwicklung früher konservatorischer und restauratorischer Konzepte, an der sich eine lebhafte Denkmaldebatte (u. a. über die Mosaizierung der Kuppel und des Innenraumes) entzündete. Die historistischen Bestrebungen der Zeit knüpften an den seit dem Mittelalter bestehenden Karlskult an und brachten das Bestreben zum Ausdruck, den Kernbau möglichst in einen karolingischen Ursprungszustand zurückzuversetzen (z.B. durch Entfernung der barocken Stukkaturen) sowie durch neugotische Bauteile im Sinne eines idealisierten Mittelalterbildes zu vervollständigen. Mit der Vollendung des neugotischen Westturms entstand die charakteristische und einzigartige dreiteilige Baugruppe aus Westbau, zentralem Oktogon Zentralbau und Chorhalle. Die künstlerische Qualität auch der Wiederherstellungsarbeiten nach dem Zweiten Weltkrieg lässt sich an der Tätigkeit bedeutender Künstler wie Ewald Mataré festmachen, aber auch an den Wiederaufbaukonzepten des damaligen Dombaumeisters Felix Kreusch, die insbesondere das Quadrum mit seinen umgebenden Bauten in schlichten, aber markanten Bauformen bis heute prägen. Das Bauensemble Aachener Dom ist bau- und kunstgeschichtlich von universeller Bedeutung und präsentiert beispielgebend die baukünstlerischen Leistungen und die stil- und epochengeschichtliche Entwicklung der Architektur und ihrer Ausstattung von karolingischer bis in die heutige Zeit. - wissenschaftliche, insbesondere architektur- und technikgeschichtliche Gründe vor: Die Aachener Marienkirche ist einer der bedeutendsten nachantiken Kuppelbauten nördlich der Alpen und stellt einen Prototyp religiöser Architektur dar. "Herrlicher als die Werke der alten Römer" (antiquis Romanorum operibus praestantiorem), so lobte der Gelehrte Notker Balbulus 883 die Kirche Karls des Großen. Vorbilder des Aachener Kuppelbaus sind in Jerusalem, Rom und Ravenna zu finden. Der Felsendom in Jerusalem (691/92 vollendet), der seit dem frühen Mittelalter als getreue Nachbildung des Salomonischen Tempels galt, zeigt als oktogonaler Zentralbau mit Kuppel und Umgang charakteristische Elemente der Architektur, die sich in Aachen wiederholen. Dennoch ist die Aachener Marienkirche nicht als Architekturkopie eines einzelnen Bauwerks zu verstehen. In ihrer Geometrie zeigt sich vielmehr ein geradezu idealtypischer Zentralbauentwurf, der in seiner Perfektion an römische Bauten wie das Pantheon anknüpft. Vom Bautypus her steht Aachen in der Tradition des spätantiken Kuppelbaus, der sich als Obergadenrundbau mit Umgang in Bauten wie San Costanza in Rom (ca. 340-45) und San Vitale in Ravenna (537/8-547) herausbildete. Durch die Steigerung der Vertikalität wird das Proportionsschema römischer Kuppelbauten in Aachen in kunstvoller Verbindung idealer Proportionen zu einem Verhältnis 1:1 von Höhe zu Breite des Gesamtbaus bzw. 1:2 von Höhe zu Breite des Oktogons perfektioniert. Einzigartig ist auch die Verbindung des zentralen Oktogons mit einem sechzehneckigen Umgang. Schon von den Zeitgenossen bewundert, fand die Architektur der Pfalzkapelle im Mittelalter zahlreiche Nachfolgebauten und Übernahmen von Architekturzitaten, so im Essener Münster, dem Alten Turm in Münster, der Nikolauskapelle in Nijmegen, St. Maria im Kapitol in Köln und in der elsässischen Abteikirche Ottmarsheim. Die neuen interdisziplinären Forschungen zeigen, dass das Bauwerk tatsächlich nicht nur in künstlerischer und architekturgeschichtlicher, sondern auch in bautechnischer Hinsicht als Meisterwerk gelten kann. Aus der Antike übernommene Kenntnisse und innovative Bautechniken gingen in Aachen eine einzigartige Verbindung ein. Das Verhältnis zur antiken Baukunst ist von einem hohen Maß an künstlerischer Kreativität und technischer Innovation durchdrungen: Der Aachener Kuppelbau führt die idealen Maß- und Proportionsverhältnisse in der Architektur zu einer ungeahnten Perfektion. Er verwertet antikes Baumaterial, das mit ausgefeilter Logistik aus einem bemerkenswerten geografischen Umkreis nach Aachen gebracht wurde. Er nutzt hydraulisch abbindenden Ziegelsplittmörtel, um einen schnellen Baufortschritt zu ermöglichen. Er ist das erste bekannte Beispiel für eine statische Kuppelkonstruktion mit eiserner Ringverankerung. Das Wissen und die technischen Fähigkeiten der karolingischen Bauleute erscheinen ebenso beeindruckend wie die künstlerische Leistung. Der karolingische Kernbau blieb über die Jahrhunderte als ideeller und architektonischer Mittelpunkt des Bauensembles Aachener Dom erhalten, obwohl das äußere Erscheinungsbild heute durch die späteren Erweiterungen deutlich geprägt wird. Auch die späteren Bauepochen sind dabei durch den hohen Standard ihrer Architektur gekennzeichnet: Hier seien beispielhaft nur die Konstruktion der gotischen Chorhalle mit ihren riesigen Glasfenstern zwischen freistehend aufgemauerten Strebepfeilern genannt oder die aufwendigen Mosaizierungen der Kuppel und Gewölbe im 19. und 20. Jh., die den imposanten Eindruck des Innenraumes entscheidend bestimmen. So entstand über die Jahrhunderte ein einzigartiges Bauensemble, das in seiner unverwechselbaren Architektur die Bauepochen von der Karolingerzeit bis ins 20. Jh. repräsentiert. - volkskundliche Gründe vor. Die Marienkirche bildet den architektonischen, kulturellen und liturgischen Mittelpunkt der Aachener Heiligtumsfahrt. Die Pilgerfahrt findet unter diesem Namen seit dem 13. Jh. statt. Die Zeigung der Heiligtümer ("Heiltumsweisung") vom Turm bzw. der Galerie zwischen Oktogon und Turm im bis heute gültigen Turnus von sieben Jahren lässt sich seit dem 14. Jh. nachweisen. Aachen erhielt damit als seit der Karolingerzeit bestehendes Pilgerziel eine erhebliche Bedeutungssteigerung und gehörte im Spätmittelalter zu den wichtigsten Wallfahrtsorten im Heiligen Römischen Reich. Mittelpunkt der zehntägigen Feierlichkeiten bilden die liturgischen Zeigungen der Reliquien, darunter die vier "große" Heiligtümer, das Kleid Mariens, die Windeln Jesu, das Lendentuch Jesu und das Enthauptungstuch Johannes des Täufers. Darüber hinaus werden drei "kleine" Heiligtümer gezeigt. Dazu zählen der Gürtel Mariens, der Gürtel Christi und der Geißelstrick Christi, welche aus dem Reliquienschatz Karls des Großen stammen. Die Notwendigkeiten und Auswirkungen der Pilgerfahrt sind z.T. bis heute am Dom und im umgebenden Stadtgefüge erkennbar, z.B. anhand der zahlreichen begehbaren Dächer im direkten Umfeld des Domes. Bereits im Mittelalter wird von entsprechenden Umbauten an Häusern, Unterbringung von Pilgern bis hin zu vereinzelten Dachabdeckungen im städtischen Umfeld berichtet. Die Architektur des Domes nimmt anhand der Galerie und dem Bau des gotischen Chores und der Kapellen direkten Bezug auf die Zeigung der Heiligtümer und die Lenkung der Pilgerströme. Dabei wird auch der Katschhof zwischen Dom und Rathaus für Pilgergottesdienste genutzt. Die Heiligtumsfahrt mit der Zeigung der Reliquien wird bis heute nach traditionellem Ritus mit großem Pilger- und Publikumsandrang durchgeführt. Die Tradition und Bedeutung der Pilgerfahrt ist im Stadtbild sowie der Stadtgesellschaft präsent. Dazu gehört auch die Tradition des Kustodienrechtes, nach dem die Verwahrung der Reliquien gleichberechtigt in der Verantwortung der Stadt und des Domkapitels liegen. Entsprechende Pilgerzeichen, Realien und Andenken sind weit verbreitet und verdeutlichen die überregionale Bedeutung der Wallfahrt nach Aachen. - städtebauliche Gründe vor. Die Stadtgestalt und Stadtentwicklung Aachens ist maßgeblich durch die Anlage der karolingischen Pfalz geformt und beeinflusst. Der Dom steht im Mittelpunkt der Innenstadt von Aachen. Zusammen mit dem Rathaus legt er Zeugnis ab vom ehemaligen karolingischen Pfalzbezirk. Dom und Rathaus stehen sich als Solitärbauten jeweils mit einer Längsseite einander gegenüber, zwischen ihnen liegt als lang rechteckiger Platz der heutige Katschof, an der Westseite flankiert vom karolingischen Ganggebäude, das beide Bauten miteinander verband. Dieser innere Pfalzbezirk ist die Keimzelle der Aachener Innenstadt, seine Bauten haben die städtische Entwicklung über Jahrhunderte bestimmt und setzen mit ihren Baukörpern und Turmspitzen zentrale bauliche Akzente. Der Aachener Dom mit Kreuzgang und ehemaligem Atrium gehört zu den dominierenden baulichen Anlagen im Zentrum der Stadt. Wegen der Kessellage kommt der historischen Silhouette Aachens eine besondere Rolle zu, denn es bestehen Sichtachsen aus dem nahen Stadtgefüge, von den Zufahrtswegen in die Stadt und von umliegenden Aussichtsplätzen auf den Hügeln aus. Da die Bürgerhäuser über lange Zeit eine niedrigere Dachhöhe einhielten, beherrschten Dom und Rathaus als Stadtkrone neben einzelnen Türmen der Kirchen über kleinteiligen Dachflächen das Bild der Stadt. Dom und Pfalzbezirk bilden den städtebaulichen und inhaltlichen Mittelpunkt Aachens, das durch die zentralen Funktionen als religiöses und weltliches Zentrum, als Krönungs- und Wallfahrtsort bis heute geprägt ist. Die häufigen Herrscheraufenthalte und der reisende Hofstaat setzten ein durchdachtes Straßennetz voraus, um Erreichbarkeit und Versorgung zu gewährleisten, so dass Wege strahlenförmig aus allen Richtungen in die Stadt führen. Die bauliche Entwicklung der Stadt wurde durch die Entfaltung als politisches und religiöses Zentrum entscheidend vorangetrieben. Mit dem Ausbau der Pfalzanlage wurde der Grundstein für eine über 1200-jährige Kontinuität im Stadtgefüge gelegt (zur weiteren Begründung siehe die Satzung der Stadt Aachen für die Erhaltung des Denkmalbereichs "Innenstadt" vom 24.03.2011). Zusammenfassend ist festzuhalten, dass es sich beim Aachener Dom (Umfang siehe Plan) um ein Baudenkmal gem. § 2 DSchG NW handelt, das bedeutend ist für die Geschichte des Menschen sowie für Städte und Siedlungen. Seine Erhaltung und Nutzung liegt im öffentlichen Interesse. Dafür liegen künstlerische und wissenschaftliche, insbesondere architektur- und technikgeschichtliche, volkskundliche sowie städtebauliche Gründe vor.
Schutzumfang Der Umfang des Denkmals Aachener Dom beinhaltet folgende Bauteile und umgebende Flächen (siehe Übersichtspläne mit Buchstabenkürzel / Bauteilbezeichnung, Anlage 1 und 2): I. Marienkirche: karolingischer Zentralbau (B) und Westbau (C), gotische Chorhalle (E), Kapellenanbauten: im Süden spätgotische Matthiaskapelle (FA) und Annakapelle (FD) sowie barocke Ungarnkapelle (FF), im Norden spätgoti-sche Karls- und Hubertuskapelle (FB) sowie Nikolaus- und Michaelskapelle (FC); jeweilige Ausstattung wie beschrieben, Außenflächen mit Einfriedung an der Nordseite (DD) und Südseite. II. Ehem. Atrium (HA), heute begrenzt durch die Bebauung des Domhofs (HB), mit Taufkapelle/Johanneskapelle (FE) an der Südwestecke. Die Häuser Domhof 2, 4, 4a, 6, 8, 10 an der Nordseite sowie Domhof 1 a-d, 3 und Münsterplatz 27, 28 an der Südseite sind als Einzeldenkmäler eingetragen (Denkmalliste der Stadt Aachen, Domhof Nr. 1/Münsterplatz 28 = lfd. Nr. 00281, Domhof Nr. 1b/Münsterplatz 27 = 00282, Domhof Nr. 1c/Spitzgässchen Nr. 1 = 00275, Domhof Nr. 1d = 01762, Domhof Nr. 2 = 00276, Domhof Nr. 3 = 00277, Domhof Nr. 4 = 01763, Domhof Nr. 4a = 00278, Domhof Nr. 6 = 00279, Domhof Nr. 8 = 00280, Domhof Nr. 10 =00595). III. Domkreuzgang mit Quadrum und Paradiesbrunnen (GA) sowie umgebenden Bauten: im Osten ehem. karolingischer Verbindungsgang (D) mit Allerseelen-kapelle, im Nordwesten ehem. Propstei (I), im Süden angrenzende Hoffläche bzw. rückwärtiger Teil der Bebauung des Domhofs (GC), im Westen Teile der heutigen Domschatzkammer und Wohnräume mit kleinem Drachenloch (GB), im Norden die als Einzeldenkmal eingetragene Domsingschule (K, Denkmallis-te der Stadt Aachen, lfd. Nr. 03339). Die baulichen Veränderungen, die im Zuge der Errichtung der Schatzkammer entstanden, sind nicht Teil des Denkmals.
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